Ausgabe November 2020

Völkisch grün: Braune Flecken in der Anti-AKW-Bewegung

Völkisch grün: Braune Flecken in der Anti-AKW-Bewegung

Bild: Public Domain

Die Anti-Atom-Bewegung in Deutschland gilt noch immer weithin als progressiv, links und gesellschaftskritisch. Der Kampf gegen die Atomkraft richtet sich gegen die Auswüchse des kapitalistischen Systems, das in seiner Profitgier „über Leichen“ geht. Auch die wissenschaftliche Aufarbeitung der Geschichte der Anti-Atom-Bewegung folgt diesem Narrativ. Sie beginnt zumeist mit dem Kampf gegen das badische Atomkraftwerk Wyhl im Jahr 1975 und spinnt den Faden weiter über Brokdorf, Kalkar, Gorleben und Wackersdorf. Diese Betrachtungsweise verstellt jedoch den Blick darauf, dass rechte und rechtsextreme Kreise bereits in den 1960er Jahren großen Einfluss in und auf Anti-AKW-Bürgerinitiativen hatten und mitunter sogar tonangebend waren.

Markstein der Erzählung von der progressiven Anti-Atom-Bewegung bildet die Besetzung eines AKW-Bauplatzes im baden-württembergischen Whyl am 23. Februar 1975. Die Platzbesetzer*innen sahen sich damals als alemannische Trotzköpfe und Rebellen, die sich erheben – in einer demokratischen Traditionslinie, die an die Freiheitsbewegungen nach 1848 anknüpft. Der Liedermacher Walter Mossmann stiftete den Zusammenhang und stimmte dazu „In Mueders Stübele“ an.[1]

Diese Betrachtungsweise fand Eingang in die historische Aufarbeitung der Anti-Atom-Bewegung. So schloss etwa der letzte Band von Hellmut G. Haasis‘ „Spuren der Besiegten“ von 1984 mit der aufkeimenden Anti-AKW-Bewegung ab.

November 2020

Sie haben etwa 6% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 94% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Druckausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema