Ausgabe April 2022

WarTok: Der Krieg in den sozialen Medien

Screenshots TikTok (von links nach rechts: @valerisssh, @martavasyuta, @alexhook2303)

Bild: Screenshots TikTok (von links nach rechts: @valerisssh, @martavasyuta, @alexhook2303)

Der Sieger schreibt die Geschichte. Diese Lebensweisheit scheint der Ukraine-Krieg derzeit zu widerlegen. Denn dieser Krieg wird nicht nur zu Lande und in der Luft, sondern auch im Internet geführt – und gerade dort erweist sich die ukrainische Seite als überaus gut gerüstet. Geschickt nutzt sie Videoplattformen wie TikTok, Instagram und YouTube zu Propaganda- und PR-Zwecken. Mit Hilfe der sozialen Medien lenkt die Regierung in Kiew nicht nur unsere Wahrnehmung des Kriegsgeschehens, sondern setzt die Plattformen der Techkonzerne auch gezielt als Mittel der Kriegsführung ein.

Das zeigte sich gleich am ersten Tag nach der russischen Invasion, als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj seinen Anzug kurzerhand gegen ein Armee-Outfit eintauschte. In Khakigrün hält er seitdem Pressekonferenzen, verschickt gemeinsam mit seinem Ministern Selfies oder filmt sich vor historischen Gebäuden in Kiew, um so Falschinformation über seine Flucht zu widerlegen. Auf diese Weise hat Selenskyj eine „kommunikative Realität“ geschaffen, auch dank derer er zum „globalen Helden“ aufstieg.[1]

Seine Landsleute tun es Selenskyj gleich. Zahllose Videos auf TikTok, Instagram und Twitter zeigen ukrainische Bauern, die mit ihren Traktoren russische Panzer abschleppen; Soldaten, die auf weiten Feldern Luftgitarre spielen, Familien, die unter freiem Himmel Molotowcocktails zusammenbauen.

April 2022

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (11.00€)
Druckausgabe kaufen (11.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Ukraine: Zwischen Korruption und Diktatfrieden

von Yelizaveta Landenberger

Anfang Dezember herrschte rege Pendeldiplomatie, während die Bombardierung ukrainischer Städte und die russischen Vorstöße an der Front unvermindert weitergingen. Völlig unklar ist, ob der im November bekannt gewordene US-»Friedensplan« auch nur zu einem Waffenstillstand führen kann.