Ausgabe September 2023

Ein blasser Regenbogen

Das uneingelöste Versprechen vom queerpolitischen Aufbruch

Weggeworfene Regenbogenflagge, Köln, 7.7.2018 (IMAGO / Ralph Peters)

Bild: Weggeworfene Regenbogenflagge, Köln, 7.7.2018 (IMAGO / Ralph Peters)

Es war das Versprechen an queere Menschen in Deutschland: Als die Ampelparteien im Oktober 2021 ihren Koalitionsvertrag unterzeichneten, war von einem „queerpolitischen Aufbruch“ die Rede. Zwei rechtliche Reformen sollten diesem den Weg bereiten: Zum einen wollte die Ampel das diskriminierende Abstammungsrecht endlich zugunsten queerer Elternpaare reformieren und zum anderen das grundrechtswidrige „Transsexuellengesetz“[1] durch ein Selbstbestimmungsgesetz ersetzen.

Doch knapp zwei Jahre später, nach der Hälfte der rot-grün-gelben Legislaturperiode, hat sich nur wenig getan. Ein Entwurf für ein Selbstbestimmungsgesetz liegt zwar mittlerweile auf dem Tisch, bleibt allerdings umkämpft und enttäuscht die hohen Erwartungen von queeren Verbänden und Aktivist:innen. Die Reform des Abstammungsrechts wird derweil verschleppt, obwohl sich mehrere Klagen betroffener Familien beim Bundesverfassungsgericht stauen und der Druck auf eine politische Lösung damit steigt.[2] Solange aber queerpolitische Vorhaben aus dem Koalitionsvertrag nicht angegangen werden, widerspricht die aktuelle Rechtslage Grundrechten auf Selbstbestimmung und Gleichberechtigung. Lea Beckmann bezeichnet das noch immer geltende „Transsexuellengesetz“ und das Abstammungsrecht als „die größten legislativen Menschenrechtsprobleme für queere Menschen in Deutschland“.

»Blätter«-Ausgabe 9/2023

Sie haben etwa 7% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 93% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (11.00€)
Druckausgabe kaufen (11.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Sheinbaum versus Trump: Glücksfall für Mexiko?

von Anne Haas

Ist es ein gutes Zeichen, heutzutage von US-Präsident Donald Trump gelobt zu werden? Diesen „Ritterschlag“ erhielten bisher nur männliche Rechtspopulisten wie Javier Milei, Nayib Bukele oder Jair Bolsonaro. Dass nun der als links geltenden mexikanischen Präsidentin Claudia Sheinbaum diese Ehre gleich mehrmals zuteilwurde, hat auch die internationale Presse bewegt.