Ausgabe Mai 2024

Höcke oder Alles aus Liebe

TV-Duell viereinhalb Monate vor der Landtagswahl in Thüringen: AfD-Landeschef Björn Höcke und CDU-Landeschef Mario Voigt im Berliner TV-Studio, 11.4.2024 (IMAGO / dts Nachrichtenagentur)

Bild: TV-Duell viereinhalb Monate vor der Landtagswahl in Thüringen: AfD-Landeschef Björn Höcke und CDU-Landeschef Mario Voigt im Berliner TV-Studio, 11.4.2024 (IMAGO / dts Nachrichtenagentur)

Was für eine Offenbarung! Da hatten sich von Fürstenfeldbruck bis Flensburg Zigtausende deutscher Rechtsradikaler vor ihren Volksempfängern eingefunden, um ihrem heimlich-unheimlichen Führer Björn Höcke – nach AH kommt bekanntlich BH – beim „Welt“-Duell mit dem CDU-Politiker Mario Voigt andächtig zu lauschen, und dann das: Aydan Özoğuz, die in Deutschland geborene SPD-Politikerin habe hier nichts verloren, hatte BH 2018 geschrieben, also raus mit ihr. Aber heute? Alles ein großes Missverständnis! Und nie so gewollt!

Genauso die Sache mit der „Remigration“: Natürlich sei damit nicht die Abschiebung von Millionen Menschen selbst mit deutschem Pass gemeint, wie es die Höcke-Intimi Götz Kubitschek und Martin Sellner schon lange fordern, sondern es gehe ihm, BH, vielmehr um die Rückkehr von Deutschen aus dem Ausland in die Heimat. Heim ins Reich eben! Summa summarum: BH hasst nichts und niemand! BH liebt nur! Hass, so Höcke im Brustton der inszenierten Überzeugung, sei ihm völlig fremd. Er sei schließlich jahrelang Vertrauenslehrer gewesen. Und das, keine Frage, ist nun wirklich ein schlagendes Argument: Welcher deutsche Rechtsradikale wollte bei einer solch multikulturellen Tätigkeit die Völker der Welt nicht lieben lernen?

Wenn Höcke sich mit diesem Liebesbekenntnis aber mal nicht ins eigene Fleisch geschnitten hat. So viel Liebe verträgt der gemeine Rechte doch gar nicht.

»Blätter«-Ausgabe 5/2024

Sie haben etwa 38% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 62% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (11.00€)
Druckausgabe kaufen (11.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Vom Proletariat zum Pöbel: Das neue reaktionäre Subjekt

von Micha Brumlik

Gewiss, es waren keineswegs nur Mitglieder der US-amerikanischen weißen Arbeiterklasse, die Donald Trump an die Macht gebracht haben. Und doch waren es auch und nicht zuletzt eben jene Arbeiter und Arbeitslosen – und genau hier liegt das eigentliche Erschrecken für die Linke.