
Bild: Präsidentschaftskandidat Karol Nawrocki, 1.6.2025 (IMAGO / newspix)
Am 1. Juni um Punkt 21 Uhr war die Welt im polnischen Mitte-links-Lager noch in Ordnung. Im Warschauer Museum für Völkerkunde leuchtete die Prognose für die Präsidentschaftsstichwahl auf: Mit einem Stimmenanteil von 50,3 Prozent wurde ein enger Sieg von Rafał Trzaskowski vorhergesagt. Jubel brach aus, der Kandidat der größten polnischen Regierungspart0ei, der liberalkonservativen Bürgerkoalition von Premier Donald Tusk, rief freudestrahlend ins Mikro: „Wir haben gewonnen“, wenngleich „wortwörtlich auf Messers Schneide“. Politiker der Bürgerkoalition tanzten auf der Bühne im Kreis, wie ein Sportteam, das soeben einen Pokal gewonnen hatte.
Doch die Freude sollte sich als verfrüht erweisen. Zwar schien sich die Gegenseite bereits auf ihre Niederlage einzustellen. Auf der parallel stattfindenden Wahlparty der nationalkonservativen Oppositionspartei PiS und deren Kandidaten Karol Nawrocki wirkte die Stimmung eisig. Nawrocki stand allein auf der Bühne, die Parteigranden schienen sich bereits von ihm zu distanzieren. Doch Nawrocki zeigte sich optimistisch, am Montagmorgen als gewählter Präsident Polens aufzuwachen. Und genau so kam es. Noch vor Mitternacht lag in der zweiten Prognose plötzlich Nawrocki vorne. Am Ende konnte der Historiker und Ex-Hooligan mit 50,89 Prozent einen denkbar knappen Sieg verbuchen.
Für das Regierungslager von Donald Tusk ist das ein Desaster.