Ausgabe Juni 2025

Kurzgefasst

Naomi Klein und Astra Taylor: Aufstieg des Endzeitfaschismus. Die Politik mit dem Untergang – und wie wir sie noch stoppen können, S. 47-60

Für manche US-Konservative, christliche Fundamentalisten und Tech-Eliten ist der Planet angesichts der drohenden Klima-Apokalypse nicht mehr zu retten. Sie treiben deshalb den Umbau der USA voran – hin zu einem Endzeitfaschismus. Dieser zielt, anders als der Faschismus der 1930er Jahre, nicht auf eine „goldene Zukunft“, so die Autorinnen Naomi Klein und Astra Taylor. Vielmehr soll die Nation zu einem Bunker werden.

Ferdinand Muggenthaler: Aliens unter uns? Das unkontrollierte KI-Experiment mit der menschlichen Kommunikation, S. 61-67

Wann schafft die KI den Sprung zur Superintelligenz – und wird es diesen Sprung überhaupt jemals geben? Während sich über diese Fragen streiten lässt, führt die KI schon jetzt zu tiefgreifenden Umwälzungen, auch in der menschlichen Kommunikation, so „Blätter“-Redakteur Ferdinand Muggenthaler. Anders als bei früheren technischen Revolutionen tritt die KI dabei längst als Akteur auf, können Bots am gesellschaftlichen Gespräch teilnehmen – und damit die Voraussetzungen für Demokratie untergraben.

Stefan Matern und Sascha Ruppert-Karakas: Maskulin und libertär. Wie Influencer Rechtspopulisten den Weg bereiten, S. 68-74

Immer mehr junge Männer verorten sich heute als politisch rechts. Das aber ist nicht nur der Social-Media-Präsenz der AfD zuzuschreiben, sondern auch scheinbar unpolitischen Influencern, so die Politikwissenschaftler Sascha Ruppert Karakas und Stefan Matern. Diese sprechen junge Männer gezielt mit Themen wie Fitness oder Finanzen an und transportieren dabei antiliberale Botschaften – ein idealer Nährboden für rechte Parteien. 

Alexander Gabujew: Koexistenz ohne Illusion. Eine Strategie für die Zeit nach Putin, S. 75-84

Spätestens mit dem Krieg gegen die Ukraine hat sich Russland in eine grundlegende Opposition zum Westen begeben und sich insbesondere China zugewandt. Alexander Gabujew, Direktor des Carnegie Russia Eurasia Center, analysiert Russlands Neuausrichtung gen Osten und entwirft Szenarien, wie Europa mit einem Russland nach Putin umgehen könne. Zwar müsse Europa Russland heute militärisch abschrecken, doch für die Zukunft bedürfe es der Perspektive einer Koexistenz – ohne Illusion.

Nick Reimer: Artenvielfalt vor dem Kollaps. Die klimapolitische Ignoranz der Regierung Merz, S. 85-92

In Deutschland leben etwa 71 900 Tier- und Pflanzenarten – bis zu 30 Prozent davon könnten in den kommenden Jahrzehnten aufgrund intensiver Landnutzung und des Klimawandels aussterben. Trotzdem spielt engagierter Klima- und Artenschutz im Koalitionsvertrag keine Rolle, so der Journalist Nick Reimer. Im Gegenteil: Union und SPD geben jene Chance auf, die uns noch bleibt, um den Temperaturanstieg auf ein Maß zu begrenzen, das Artenschutz und letzlich auch das menschliches Überleben ermöglicht.

Harald Ginzky, Wera Leujak und Dana Ruddigkeit: Riskante Reparaturen am Planeten. Warum Climate Engineering erforscht und kontrolliert werden muss, S. 93-101

Obwohl die Klimakrise längst sichtbar ist, steigt die Menge emittierter Treibhausgase weiter an. Daher erwägen immer mehr Staaten Climate Engineering einzusezten, Unternehmen wittern ein neues Geschäftsfeld. Deshalb müssen die Risiken dieser Techniken besser erforscht und internationale Regeln für ihren Einsatz aufgestellt werden, mahnen Harald Ginzky, Dana Ruddigkeit und Wera Leujak vom Bundesumweltamt. Sonst drohe der ungeregelte Einsatz hochriskanter Maßnahmen zur Klimamanipulation.

Wolfgang Sachs: Der ökologische Antikapitalist: Das Erbe von Papst Franziskus, S. 103-113

Ohne Papst Franziskus kein Papst Leo: Das ist ein Erbe des toten Papstes. Der Soziologe und Theologe Wolfgang Sachs zeichnet nach, wie Franziskus sein Pontifikat der Bekämpfung des Klimawandels und der Ungleichheit widmete, ohne dabei konservative katholische Werte aufzugeben. Rückblickend ist offensichtlich, dass seine antikapitalistische Vision zwar gehört, aber nicht umgesetzt wurde – der Auftrag bleibt für seinen Nachfolger. 

Olga Bubich: Allzu perfekte Opfer. Wie Kinder im Holocaustgedenken instrumentalisiert werden, S. 115-124

Kinder gehörten zu den ersten Opfern der NS-Vernichtungsmaschinerie. Die Erinnerung an ihr Leid ist universell verständlich. Es lässt sich daher aber auch politisch instrumentalisieren. Dafür finden sich in der europäischen Gedenkkultur zahlreiche Beispiele, wie die Autorin Olga Bubich mit Blick auf die Niederlande, Litauen und Belarus zeigt. Um den kritischen Blick auf die Schattenseiten der jeweiligen Nationalgeschichten zu bewahren, braucht es nicht zuletzt Distanz zu emotionalisierenden Darstellungen. 

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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