Das neue Ausländergesetz als Daumenschraube der Deutschmacher
Die spanische Wiedervereinigung fand am 2. Januar 1492 statt, als das katholische Heer Granada eroberte, und damit das letzte Bollwerk des Islam auf der iberischen Halbinsel gefallen war. Ein Vierteljahr später unterschrieben die Katholischen Könige ein Edikt, das die Juden vor die Alternative stellte, sich taufen zu lassen oder innerhalb von vier Monaten Spanien zu verlassen.
Oberflächlich betrachtet scheint es zufällig zu sein, daß im Jahr der deutschen Wiedervereinigung der Deutsche Bundestag ein neues Ausländergesetz verabschiedet. Bei näherem Zusehen aber gibt es eine ideologische Gemeinsamkeit von Wiedervereinigung und Ausländergesetz: Beide berufen sich auf Rechte des "deutschen Volkes". Die Zeitgleichheit mag nicht beabsichtigt sein; aber ideologische und funktionale Zusammenhänge werden sich schwerlich bestreiten lassen. Das spanische Gesetz zielte seinerzeit vorrangig nicht darauf, die Juden aus dem Lande zu treiben. Das war höchstens eine Konzession an die verbreitete antijüdische Stimmung im katholischen Bevölkerungsteil.
Eine völlige Vertreibung wäre aber den ökonomischen Interessen zuwider verlaufen. Vielmehr ging es darum, durch die Taufe der Juden das Bekenntnishafte des katholischen Glaubens herauszuarbeiten, der die Integrationsideologie des wiedervereinigten Spaniens sein sollte 1).