Ausgabe Januar 1991

Bürgerbewegungen und parlamentarisches Netzwerk

Begossene Pudel sind wir! Ich habe vor der Wahl eine öffentliche Ergebnisvorhersage riskiert. Vorsichtshalber nur für das DDR-Gebiet. Ich schrieb rund 45% CDU/CSU, 25% SPD, 10% FDP, 10% Grün und Konsorten sowie einen Rest bei 10% für die PDS. Da lag ich also nicht schlecht, und das ist ja auch kein Wunder, da wir das Ergebnis der Landtagswahlen kannten. Einen absoluten Kinnhaken erwischte ich dagegen bei meinen Vorhersagen für den Westen, Gott sei Dank nicht öffentlich, im Sparring sozusagen. Hier hatten wir zwar alle den Sieg des Kanzlers für Deutschland vorausgesehen und die Niederlage der SPD - Kunststück bei dem Trommelfeuer von Befragungen der Bevölkerung!

Was aber völlig unerwartet war: das Debakel der Linken in Berlin, und der Durchfall der Grünen im Bundesgebiet. Die erwartete Niederlage von Oskar Lafontaine macht die Rechnung komplett. Wir alle sogenannten Linken stehen jetzt wie der Pudel da, dem ein kräftiger Wasserguß auf das Fell geschüttet wurde. Was ist zu tun? Ich gehöre zu denen, die in so einer Situation nicht aus der Hüfte schießen können. Drei Tage danach kann man keine fundierten Lehren aus der Niederlage parat haben, es sei denn, man fühlt sich bestätigt und braucht nur zu wiederholen, was man ohnedies schon gedacht hatte.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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