Seit Ludwig Erhard aus der Plüschecke des deutschen Wohnzimmers den satten Bürgerspruch getan hat "Wir sind wieder wer", ist immer wieder mal aus dem einen oder anderen Anlaß das Ende der Nachkriegszeit festgestellt worden. Im vergangenen Jahr war es mit der europäischen Wende und mit der deutschen Einheit endgültig gekommen.
Doch erst die Golfkrise hat deutlich gemacht, welch tiefgreifende Umwertungen von Werten durch die Ereignisse des vergangenen Jahres in Gang gesetzt worden sind. Uns Deutschen hat die Golfkrise verdeutlicht, daß es für uns außenpolitisch nun nicht einfach so wie bisher, nur bei allem etwas bequemer, weitergehen kann, sondern daß wir uns zu Neuem Neues einfallen lassen müssen. Der neu erkennbare Zustand der Westeuropapolitik wird durch das Wort des Präsidenten der EG-Kommission, Jacques Delors, beschrieben, die Golfkrise habe die politische Bedeutungslosigkeit der EG offenbart.
So ist es. Die Anti-Irak-Allianz wird von der unverbrüchlichen amerikanisch-britischen "special relationship" getragen. Politisch liegt heute der Ärmelkanal zwischen Großbritannien und den USA und der Atlantik zwischen Großbritannien und dem europäischen Festland. Die in Jahrzehnten geschmiedete deutschfranzösische Zusammenarbeit war in der Golfkrise suspendiert.