Ausgabe Juni 1991

Absturz nach der Warteschleife

Der Begriff der "Warteschleife" als sozialpolitische Kategorie ist in Anlehnung an den Einigungsvertrag zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Deutschen Demokratischen Republik vom 31. August 1990 entstanden. In Artikel 13 Absatz 2 ist vorgesehen, daß öffentliche Einrichtungen der DDR, die vor dem Beitritt Aufgaben erfüllt haben, welche nach westdeutschem Recht Bundesaufgaben sind, durch Bundesbehörden "überführt oder abgewickelt" werden. In Anhang 1, Kapitel XIX, Abschnitt III des Einigungsvertrags wird bestimmt, daß die Arbeitsverhältnisse der in diesen Einrichtungen Beschäftigten vom Tage des Beitritts an ruhen; während dieser Wartezeit haben die betroffenen Arbeitnehmer Anspruch auf monatliches "Wartegeld" von 70% des bisherigen Gehalts; wenn eine "Weiterverwendung" im öffentlichen Dienst nicht erfolgt, endet diese Warteschleife nach sechs Monaten, bei vollendetem 50. Lebensjahr nach neun Monaten.

Wieviele von dieser "Warteschleife" betroffen waren bzw. sind ist nicht genau bekannt; Schätzungen liegen zwischen insgesamt 500 000 und 700 000 Menschen. Im Jahresdurchschnitt 1991 sollen es dem Bericht des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung und dem Institut für Weltwirtschaft zufolge (Vgl. "Blätter" 5/1991) 210 000 Personen sein.

Juni 1991

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Flucht vor der Verantwortung: Lieferkettengesetze am Ende?

von Merle Groneweg

Der 11. September erinnert nicht nur an den Einsturz des World Trade Centers in New York, sondern auch an eine der schwersten Katastrophen in der Textilindustrie: den Brand in der Fabrik Ali Enterprises in Karatschi, Pakistan.

Ohne EU-Mindestlohn kein soziales Europa

von Roland Erne

Nach Jahren antisozialer Politik infolge der Finanzkrise von 2008 standen soziale Fragen in der vergangenen Legislatur der EU wieder weiter oben auf der Agenda. Zwischen 2022 und 2024 verabschiedeten das EU-Parlament und der Rat seit langem wieder mehrere soziale EU-Gesetze, darunter die Richtlinie über „angemessene Mindestlöhne in der Europäischen Union“.

Drei Millionen ohne Abschluss: Was tun?

von Maike Rademaker

Die Zahl war lediglich einen Tag lang einige Schlagzeilen wert: Rund 2,9 Millionen junge Menschen zwischen 20 und 34 Jahren hierzulande haben keinen Berufsabschluss. Maike Rademaker analysiert Gründe und Lösungsansätze.