Ausgabe September 1992

Algerien: Zwischen den Fronten

Islam und Demokratie nach 30 Jahren politischer Unabhängigkeit

Et meme fusillés Les hommes s'arrachent la terre Et meme fusillés Ils tirent la terre ? eux Comme une couverture Et bientot les Vivants n'auront plus ont dormir. Kateb Yasine, 1929-1989, Poussieres de Juillet **)

Wer erschoß Mohamed B.?

"Der Islam..." waren seine letzten Worte, jäh von einer MP-Salve unterbrochen. Nach dem kühl und präzise vorbereiteten Mord am algerischen Staatspräsidenten Mohamed Boudiaf verlautete aus seiner Umgebung, der glücklose Spätheimkehrer aus dem Exil habe zum dreißigsten Jahrestag der algerischen Unabhängigkeit eine deutliche Geste des Bruchs mit dem Alten Regime vorbereitet und sich vom militärisch-bürokratischen Komplex ein Stück absetzen wollen. Ein Racheakt oder eine Präventivstrafe verunsicherter Militärs an einer unbotmäßigen Marionette, die den korrupten Augiasstall ernsthaft ausmisten wollte - das wäre ein Motiv für einen politischen Mord, der fürs erste seltsam folgenlos blieb und kaum die prekäre Routine des permanenten algerischen Ausnahmezustandes störte. In Algerien glaubte niemand an die These vom Mordanschlag der (dazu ohne weiteres fähigen!) Islamisten; die Islamische Heilsfront FIS kann sich gleichwohl die Hände reiben, wenn sich die Vertreter des verhaßten Regimes selbst dezimieren - und das algerische Volk dies offenbar genauso sieht.

September 1992

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