Ausgabe Juni 1993

Lebensqualität neu definieren

Das neue Deutschland ist ein Produkt des Zufalls. Zufall nicht in dem Sinne, daß es aus heiterem Himmel über uns gekommen ist.

Aber es gibt keinen linearen Zusammenhang zwischen einem politischen Willen und dem Vollzug der Einheit. Die Konservativen, die sich in Westdeutschland als Architekten der Einheit preisen, haben selber seit Jahren nicht mehr ernsthaft an die Möglichkeit einer Wiedervereinigung geglaubt. Die entsprechenden Floskeln in den Parteiprogrammen der CDU wurden nur noch aus Traditionsgründen mitgeschleppt. Das faktische Arrangement mit der Zweistaatlichkeit ging allen ideologischen Beteuerungen der Einheit zum Trotz so weit, daß auch in Unionskreisen diskutiert wurde, den Grundgesetzartikel, der eine auf die Vereinigung ausgerichtete Politik dringend vorschrieb, ändern zu helfen. Die Vereinigung war damit nicht Ergebnis eines politischen Willens, an dem ernsthaft festgehalten und aus dem die entsprechenden Konsequenzen gezogen worden waren. Im nachhinein versucht die Union allerdings den Eindruck zu erwecken, als habe sie immer zielstrebig auf dieses Ereignis hingearbeitet.

Auf der anderen Seite gab es auch im osteuropäischen Bereich nicht den Willen, genau die Form der Einheit anzustreben, die sich nun historisch ereignet hat.

Juni 1993

Sie haben etwa 14% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 86% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Globales Elend und die Diktatur der Superreichen

von Ute Scheub

Sie düsen in Privatjets um die Welt, um Immobilien und Konzernketten an sich zu reißen. Sie kaufen ganze Landschaften und Inseln, um sich dort im größten Luxus abzukapseln. Sie übernehmen Massenmedien, um sich selbst zu verherrlichen und gegen Arme und Geflüchtete zu hetzen.

Mythos grüne Digitalisierung

von Ingo Dachwitz, Sven Hilbig

Der Klang der Zukunft ist ein leises, elektrisches Dröhnen, das in den Knochen vibriert. Hier im Rechenzentrum herrscht niemals Stille. Es ist erfüllt von einem monotonen Chor mechanischer Flüstertöne.