Ausgabe Juni 1995

Oklahoma City und der amerikanische Feind

Zu dem, was den Schrecken des Terrorismus ausmacht, gehört die Unsichtbarkeit des Feindes. Es gibt keine eindeutigen Mittel, Terroristen zu erkennen, selbst nachdem die Bombe explodiert, das Gas ausgeströmt ist.

Aber es gibt Leute, die behaupten, sie könnten die Hinweise entziffern, die Terroristen zurücklassen, und auf diese Weise ihre Identität herausfinden. Wenig überraschend war deshalb, daß nach dem Bombenanschlag auf das Federal Building in Oklahoma City Experten für Nahost-Terrorismus zwei Tage lang alle Kanäle beherrschten. Die mediale Logik lag auf der Hand. Seit dem Anschlag auf ein Marinequartier in Beirut, Libanon, im Jahre 1983 haben die Amerikaner mit einem amorphen, sich ständig verschiebenden Bild arabischer Feinde gelebt. Seit den frühen 80er Jahren geisterten Gerüchte durch die Medien, arabische Terroristen seien in den Vereinigten Staaten untergetaucht, um hier Unheil zu stiften. Solche Ängste und Phantasien wurden Realität, als 1993 eine kleine Gruppe, offenbar inspiriert von einem aus Ägypten stammenden fundamentalistischen religiösen Führer, eine gewaltige Bombe im World Trade Center in New York City zündete.

So gab es denn auch gleich nach dem Anschlag von Oklahoma im Kongreß und anderswo Rufe nach einer schärferen Kontrolle der amerikanischen Grenzen und nach mehr Mitteln für weltweite Maßnahmen gegen den Terrorismus.

Juni 1995

Sie haben etwa 15% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 85% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Gaza: Hält der erzwungene Frieden?

von Ignaz Szlacheta

Erst als am 13. Oktober morgens die 20 noch lebenden Geiseln freigelassen worden waren und kurz darauf auch knapp 2000 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikamen, wich die Anspannung. Vorher beschrieb der katarische Nachrichtensender Al-Araby die Stimmung im Gazastreifen als einen „Zustand des Wartens und der Wachsamkeit, begleitet von großer Zuversicht“.

Die dunklen Seiten der USA

von Frank Biess

Die autoritäre Wende in den USA unter der Trump-Regierung hat bei vielen Beobachtern in der Bundesrepublik eine große Ratlosigkeit ausgelöst. Schon angesichts der ersten Trump-Regentschaft fragte der Historiker Heinrich August Winkler besorgt, ob „der Westen“ nun zerbreche.