Ausgabe November 1995

Staat und Entwicklung

Von Dirk Messner Die entwicklungspolitische Theorie und Praxis der 60er und 70er Jahre vertraute auf die Leistungsfähigkeit des "Entwicklungsstaates". In den Entwicklungsländern schien das Projekt der aufholenden Entwicklung nur auf der Grundlage einer gebündelten, staatlich geplanten Anstrengung möglich zu sein, angesichts unterentwickelter Märkte, kaum vorhandener Unternehmerschichten und des großen Entwicklungsvorsprunges der Industrieländer. In vielen Ländern jedoch konnten Eliten unbehelligt von staatlicher Kontrolle den Staat "besetzen". Einseitig staatszentrierte Entwicklungsstrategien mündeten dann oft in die Selbstbereicherung der Mächtigen, lähmende Bürokratisierung, Klientelismus, die Blockierung von Marktkräften und den Aufbau ineffizienter staatlicher Unternehmen - also in beschleunigte Unterentwicklung. Der Staat als Entwicklungshemmnis

In Brasilien, Argentinien oder auch in Mexiko konnte der Staat als Entwicklungsmotor zunächst beachtliche Industriekomplexe errichten. Die Industrie sollte den Import ersetzen. Hohe Zoll- und andere Mauern schätzten sie vor der Weltmarktkonkurrenz. Der Entwicklungsstaat teilte Kredite auf der Grundlage bürokratischer Industrieplanung zu. Der Staat gründete auch selbst öffentliche Unternehmen in zunehmendem Maße, als wegen der Enge des Binnenmarktes die private Investitionsneigung generell niedrig blieb.

November 1995

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema Neoliberalismus