Ausgabe April 1998

Der Aufstieg des Hindu-Nationalismus

Mit ihrem Sieg bei den indischen Parlamentswahlen hat die hindunationalistische Bharatiya Janata Party (BJP) den vorläufigen Höhepunkt ihres erstaunlichen Aufstieges zur stärksten politischen Kraft erreicht. Sie regiert heute in sieben von 26 Bundesstaaten, stellt nun schon zum zweiten Mal die größte Fraktion im indischen Unterhaus und mit großer Wahrscheinlichkeit auch den zukünftigen Premierminister. Spitzenkandidat der BJP war der charismatische A.B. Vajpayce. Er gilt als Gemäßigter und wird über die Parteigrenzen hinaus respektiert. Groß aber ist die Angst, daß Vajpayce nur die Maske ist, hinter der sich die Fratze eines aggressiven Hindutums verbirgt, das Indien in seinen Grundfesten zu erschüttern droht. Unvergessen bleibt der 6. Dezember 1992, als Tausende fanatisierter Hindus, aufgehetzt von jahrelanger Propaganda der Hindunationalisten, die Babri-Moschee im nordindischen Ayodhya stürmten und dem Erdboden gleichmachten, um an ihrer statt einen Tempel für den mythischen Gottkönig Ram zu erbauen. Die Welle der Gewalt, die dadurch ausgelöst wurde, gehört zu den dunkelsten Kapiteln des modernen Indien.

April 1998

Sie haben etwa 9% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 91% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Oktober 2025

In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Euphorie und Ernüchterung: Bangladesch nach dem Aufstand

von Natalie Mayroth, Dil Afrose Jahan

Im September fanden an der Universität Dhaka, einer der wichtigsten Hochschulen Bangladeschs, Wahlen zur Studentenvereinigung statt. Manche sehen sie als Testlauf für die nationalen Wahlen. Daher ist es ein Warnsignal, dass dort ausgerechnet der Studentenflügel der islamistischen Jamaat-e-Islami gewann.

Koloniale Nachwehen: Der Kampf um Kaschmir

von Amadeus Marzai

Ein brutaler Terroranschlag riss am Nachmittag des 22. April das idyllische Baisaran-Gebirgstal im von Indien kontrollierten Teil Kaschmirs aus seiner Ruhe. Es war der Beginn einer rapiden Eskalation im seit jeher angespannten indisch-pakistanischen Verhältnis und könnte sogar zum Ausgangspunkt eines größeren Krieges zwischen den beiden Nuklearmächten werden.

Südkorea: Vom Putschversuch zur Richtungswahl

von Fabian Kretschmer

Es ist mehr als nur ein Klischee, dass die südkoreanische Demokratie zu den lebhaftesten in ganz Asien zählt. Seit der Wahlkampf Anfang Mai offiziell eingeläutet wurde, sind die gläsernen Fassaden der Bürotürme in der Hauptstadt Seoul mit riesigen Plakaten der Spitzenkandidaten zugepflastert.