Ausgabe Januar 2001

Ihr Inderlein kommet

Es muss irgendwo auf dem Weg zur letzten CEBIT gewesen sein, als der Kanzler die Eingebung hatte: Inder müssen her. Seit Wochen hatte die boomende IT-Branche über fehlende Fachkräfte geklagt und ihr Lamento pressewirksam lanciert. Kanzler Schröder wäre nicht der Genosse der Bosse, wenn er hier nicht für Abhilfe sorgen würde. Schafft Computerspezialisten ins Land und lasst den Wirtschaftszweig erblühen, auf dass er viele neue Arbeitsplätze erschaffe. Und da das schöne deutsche Wort A n w e r b es t o p p a u s n a h m e v e r o r d n u n g zwar die rechtliche Grundlage für die geplante Anwerbung geliefert hätte, aber nicht so griffig klingt, wurde der ersten größeren Anwerbeaktion nach dem Anwerbestopp von 1973 noch schnell ein Name gegeben, der besser in moderne Zeiten passt: Die Green Card soll die Tore für die Laptop-Gastarbeiter öffnen.

Die Reaktionen auf den Kanzlercoup folgten prompt: Die Branche begrüßte die neue migrationspolitische Offenheit, die Gewerkschaften warnten vor Lohndumping, das Wirtschaftsministerium bestätigte den Bedarf, das Bildungsministerium forderte im Gegenzug verstärkte Ansbildungsanstrengungen und das Arbeitsministerium beschwichtigte angesichts vier Millionen Arbeitsloser, es handele sich nur um eine begrenzte und befristete Maßnahme.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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