Ausgabe März 2002

Verfassungs"schutz"

Man erinnert sich. Ende 2000 schien das NPD-Verbot so gut wie beschlossen. Die im Bundestag vertretenen Parteien – von der CSU bis zur PDS – waren sich einig. Auf die paar Bedenkenträger, vor allem bei der FDP, aber auch (weniger) bei den Grünen, verzichtet man gerne und auf die (seien wir doch ehrlich: linksradikalen) BürgerrechtlerInnen erst recht, denn die haltens nur mit den Grundrech- ten und nicht mit der Ordnung. Letztlich könnte man auch auf das Verfassungsgericht verzichten, wenn man es nicht für das Verbotsurteil bräuchte. Das Gericht sollte die NPD verbieten müssen, bei so vielen Verteidigern der freiheitlichen demokratischen Grundordnung (fdGO) und des Standortes Deutschland sollte ihm gar keine andere Wahl bleiben.

Seit Januar 2002 heißt es vorerst Ende der Vorstellung: Das Gericht hat die Akten beiseite geschoben und den für Februar geplanten mündlichen Verhandlungstermin abgesagt. Es zog die Not- bremse, nachdem ihm ein Beamter des Bundesinnenministeriums ohne Wissen des großen Chefs mitteilte, dass einer der vierzehn Zeugen aus der NPD, die es vernehmen sollte, ein V-Mann des Verfassungsschutzes war.

36 Jahre (in Worten: sechsunddreißig) hat Wolfgang Frenz auf beiden Schultern getragen – von 1959 bis 1995. Seine Arbeit für den Geheimdienst, für die er monatlich zwischen 600 und 800 Mark bekam, begann fünf Jahre vor der Gründung der NPD.

Sie haben etwa 12% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 88% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Januar 2026

In der Januar-Ausgabe skizziert der Journalist David Brooks, wie die so dringend nötige Massenbewegung gegen den Trumpismus entstehen könnte. Der Politikwissenschaftler Philipp Lepenies erörtert, ob die Demokratie in den USA in ihrem 250. Jubiläumsjahr noch gesichert ist – und wie sie in Deutschland geschützt werden kann. Der Politikwissenschaftler Sven Altenburger beleuchtet die aktuelle Debatte um die Wehrpflicht – und deren bürgerlich-demokratische Grundlagen. Der Sinologe Lucas Brang analysiert Pekings neue Friedensdiplomatie und erörtert, welche Antwort Europa darauf finden sollte. Die Journalistinnen Susanne Götze und Annika Joeres erläutern, warum die Abhängigkeit von Öl und Gas Europas Sicherheit gefährdet und wie wir ihr entkommen. Der Medienwissenschaftler Roberto Simanowski erklärt, wie wir im Umgang mit Künstlicher Intelligenz unsere Fähigkeit zum kritischen Denken bewahren können. Und die Soziologin Judith Kohlenberger plädiert für eine »Politik der Empathie« – als ein Schlüssel zur Bekämpfung autoritärer, illiberaler Tendenzen in unserer Gesellschaft.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema Innere Sicherheit

Elf Jahre ohne Aufklärung: Das Netzwerk des NSU

von Markus Mohr, Daniel Roth

Selbst elf Jahre nach der Selbstenttarnung des rechtsterroristischen NSU sind dessen Unterstützungsnetzwerke noch immer nicht aufgeklärt. Das aber ist nicht dem »Versagen« der Sicherheitsbehörden geschuldet, sondern das Ergebnis politischer Entscheidungen und behördlicher Kontinuitäten.