Ausgabe Juni 2002

Zum Leben verurteilt

In Straßburg wird ein Urteil gefällt, und die Zeitungen sind voll des Lobes für die Richter, die ihr Mitleid in den Griff bekommen und dem Recht zur Geltung verholfen haben. Die "Frankfurter Allgemeine" wittert gar die Chance, das Rad der Zeit zurückzudrehen: Wenn die Große Kammer das Urteil nicht "korrigiert", "dann wird es sich auf die niederländische und belgische Gesetzgebung zur aktiven Sterbehilfe auswirken m ü s s e n". 1) Was ist geschehen? Am 29. April entschied der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) den Fall Pretty vs. the United Kingdom. Diane Pretty hatte in Großbritannien vor den dortigen Gerichten die Zusage erstreiten wollen, dass ihr Mann straffrei ausgeht, wenn er ihr beim Suizid assistiert. Die 43jährige Britin, die am 11. Mai starb, litt an einer unheilbaren Muskelkrankheit, war vom Hals abwärts gelähmt. Ihr drohte ein qualvoller Tod durch Ersticken. Auf Grund ihrer Lähmung hätte sie einen Suizid nicht ohne fremde Hilfe durchführen können. Nachdem sie im November letzten Jahres vor dem obersten britischen Zivilgericht gescheitert waren, versuchten die Eheleute Pretty in Straßburg unter Berufung auf die Menschrechtskonvention, eine prinzipielle Straffreiheit für assistierten Suizid zu erstreiten.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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