Dem Handwerk der Juristerei wird häufig mit Skepsis begegnet. Es fällt manchen Zeitgenossen nicht leicht zu begreifen, dass viele gesetzliche Bestimmungen Auslegungsspielräume enthalten und deshalb durchaus unterschiedliche Antworten von Fachleuten auf Rechtsfragen „vertretbar“ sind. Bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Angriffs auf den Irak sieht die Sache anders aus: Der massive Verstoß gegen elementare, in der UN-Charta niedergelegte Prinzipien des heutigen Völkerrechts ist in diesem Fall evident.1 Vergebens hatte die Bush-Administration in den Wochen zuvor alle Register der Überredung, Einschüchterung und Erpressung kleiner Staaten gezogen, um die Ermächtigung durch den Sicherheitsrat und damit wenigstens eine formelle Rechtsgrundlage für den Angriff zu erhalten. Abgesehen von der abwegigen Berufung auf die alten Golfkriegsresolutionen 678 und 687 von 1990/1991 wird inzwischen von Seiten der US-Regierung kaum noch ein ernsthafter Versuch der völkerrechtlichen Rechtfertigung unternommen, sondern schlicht in den Bahnen des Freund- Feind-Schemas Schmitt’scher Prägung argumentiert.
In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn.