Als der deutsche Diplomat Michael Steiner im Mai 1997 sein Amt als stellvertretender Hoher UN-Repräsentant in Bosnien aufgeben musste, schrieben Tausende Bosnier Bittbriefe nach Bonn, ihn im Lande zu lassen – vergebens. Als Steiner im Februar 2002 im Kosovo seinen neuen Posten als Sondergesandter des Generalsekretärs der Vereinten Nationen (SRSG) antrat, stieß er allenthalben auf "Erwartungen, die mir fast ein bisschen unheimlich sind [...], es ist so, dass man fast zu viel erwartet". Als der vermeintliche "Strongman" den Job am 30. Juni 2003 überstürzt verließ, hallten ihm Flüche nach: Nexhat Daçi, albanischer Präsident des Kosovo-Parlaments, verteufelte ihn öffentlich als "Instrument des serbischen Imperialismus" – Nebojša Čović, serbischer Vizepremier und Kosovo-Beauftragter Belgrads, nannte ihn "den verlängerten Arm albanischer Ansprüche". Und die internationale Gemeinschaft verordnete auf dem EU-Gipfeltreffen in Thessaloniki Belgrad und Priština Ende Juni bilaterale Gespräche "über alles, ausgenommen den finalen Status des Kosovo".
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.