Ausgabe März 2010

Ukraine in Blau

Der Sieger der Präsidentenwahl in der Ukraine 2010 heißt Viktor Janukowitsch. In der Stichwahl kommt der Kandidat der Partei der Regionen (PR) auf 49 Prozent, während seine Widersacherin Julia Timoschenko 45,5 Prozent der Stimmen erhielt. Der Abstand ist knapp, aber eindeutig.

Timoschenko, die einstige Ikone der „Orange Revolution“ hat diese Wahl mehr verloren, als dass sie Janukowitsch gewonnen hat. Ein Grund war die Enttäuschung über ausgebliebene Reformen an den staatlichen Institutionen, in der Wirtschaft und der Justiz, die die orangefarbenen Kräfte versprochen hatten. Hinzu kommt die Ermüdung über geradezu anarchische Rivalitäten nicht nur zwischen den „blauen“ und „orangen“ Politikern, sondern auch innerhalb des orangen Lagers und den daraus resultierenden politischen Selbstblockaden. Außerdem wurden die negativen Folgen der die Ukraine schwer treffenden Finanzkrise der Regierung Timoschenko angelastet, obwohl ihr Widersacher in dieser Situation kaum hätte anders handeln können. So verwundert es nicht, dass vor allem in der Zentralukraine ehemals orangefarbene Wähler entweder nicht zur Wahl gingen oder Janukowitsch wählten. Zwar lag Timoschenko in diesen Regionen vorne, konnte das bisherige Potential der orangefarbenen Kräfte aber nicht voll ausschöpfen.

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