Ausgabe April 2012

Menschenrechte auf Hoher See

Täglich riskieren Migranten bei dem Unterfangen, das Mittelmeer in Richtung Europa zu überqueren, ihr Leben. Eine bereits drei Jahre zurückliegende, gescheiterte Überfahrt 11 somalischer und 13 eritreischer Staatsbürger hat nun Rechtsgeschichte geschrieben.

Insgesamt 231 Migranten gerieten im Mai 2009 bei ihrem Versuch, in Schlauchbooten von Libyen nach Italien zu gelangen, in internationalen Gewässern in Seenot. Doch sie hatten Glück: Der italienische Grenzschutz nahm sie an Bord und rettete ihnen damit das Leben. Doch statt die Migranten zur 35 Meilen entfernten italienischen Insel Lampedusa zu bringen, lieferte sie der Grenzschutz auf Anweisung des italienischen Innenministeriums gegen ihren Willen den libyschen Behörden in Tripolis aus – ohne sich zuvor nach ihren Namen, ihrer Herkunft und dem Grund der Überfahrt zu erkundigen.

Der Europäische Menschenrechtsgerichtshof (EGMR) hat nun am 23. Februar 2012 im Fall „Hirsi Jamaa und andere gegen Italien“ nicht nur diese Zurückweisung durch die italienischen Behörden verurteilt. Erstmals hat ein Völkergerichtshof auch die exterritoriale Geltung der Menschenrechte auf Hoher See abschließend bestätigt.

Sie haben etwa 7% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 93% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Der Preis der Freiheit: Politische Gefangene in Belarus

von Olga Bubich

Es war eine große Überraschung für weite Teile der internationalen Gemeinschaft: Am 21. Juni ließ das belarussische Regime 14 politische Gefangene frei. Unter ihnen befand sich Siarhei Tsikhanouski, der 2020 verhaftet wurde, um seine Kandidatur bei den Präsidentschaftswahlen zu verhindern.