Ausgabe Oktober 2013

Geistige Verwandtschaft: Jean Paul und Georg Büchner

Die beiden großen literarischen Jubilare dieses Jahres – Jean Paul Friedrich Richter und Georg Büchner – scheint auf den ersten Blick mehr als 50 Jahre zu trennen. Hier Jean Paul, Jahrgang 1763, der Autor der kleinen Leute und des großen Herzens, aufgewachsen als Hungerleider in der vogtländischen Provinz in Franken, der das Leben in einer Kleinstadt wie Bayreuth dem in Weimar, der geistigen Hauptstadt seiner Zeit, vorzog. Jean Paul – der wetterfroschzüchtende Kauz, der passionierte Biertrinker, der schwärmerische Spaziergänger und Liebling seiner weiblichen Leser.

Dort Georg Büchner, Jahrgang 1813, der Frühvollendete, der mit dem „Hessischen Landboten“ eine furiose Agitationsschrift verfasste und per Steckbrief gesucht wurde, bevor er sich vom dichtenden Revolutionär zum revolutionären Dichter wandelte.

Hier Jean Paul, der Ungelesene unter den deutschen Dichtergenies. Heute ist er den meisten nur durch seine Aphorismen und Bonmots bekannt, die sich allerdings en masse aus seinem Werk heraussieben lassen. Er ist zeitlebens ein Schreibwütiger, sein Nachlass bewahrt unfassbare 40 000 Manuskriptseiten.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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