Ausgabe März 2014

Der blinde Fleck des Westens

Der Erste Weltkrieg und die asiatische Emanzipation

Bild: joxxxxjo / iStock

Während in Deutschland die eigene Schuld an der Urkatastrophe des 21. Jahrhunderts, dem Ausbruch des Ersten Weltkriegs, zunehmend relativiert wird (vgl. dazu Wolfram Wette, 1914: Der deutsche Wille zum Zukunftskrieg, in: „Blätter“, 1/2014, S. 41-53), gerät die östliche Perspektive überhaupt nicht in den Blick. Dabei stellten der Erste Weltkrieg und die folgenden Friedensvereinbarungen auch für die asiatisch-pazifische wie für die muslimische Welt eine fundamentale Zäsur dar, die der indische Schriftsteller Pankaj Mishra in seinem jüngsten Buch „Aus den Ruinen des Empires. Die Revolte gegen den Westen und der Wiederaufstieg Asiens“ eindringlich beschreibt. Das Buch ist im S. Fischer Verlag, Frankfurt a. M., erschienen und wurde mit dem „Leipziger Buchpreis zur Europäischen Verständigung“ ausgezeichnet, der am 12. März im Gewandhaus zu Leipzig verliehen wird. Wir präsentieren daraus einen Teil des vierten Kapitels. Die deutsche Übersetzung stammt von Michael Bischoff. – D. Red.

Der Westen betrachtet Asien von jeher aus der engen Sicht seiner eigenen strategischen und wirtschaftlichen Interessen, ohne dabei die kollektiven Erfahrungen und subjektiven Sichtweisen der asiatischen Völker zu untersuchen oder sie sich überhaupt nur vorzustellen.

Sie haben etwa 2% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 98% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (3.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Koloniale Nachwehen: Der Kampf um Kaschmir

von Amadeus Marzai

Ein brutaler Terroranschlag riss am Nachmittag des 22. April das idyllische Baisaran-Gebirgstal im von Indien kontrollierten Teil Kaschmirs aus seiner Ruhe. Es war der Beginn einer rapiden Eskalation im seit jeher angespannten indisch-pakistanischen Verhältnis und könnte sogar zum Ausgangspunkt eines größeren Krieges zwischen den beiden Nuklearmächten werden.

Südkorea: Vom Putschversuch zur Richtungswahl

von Fabian Kretschmer

Es ist mehr als nur ein Klischee, dass die südkoreanische Demokratie zu den lebhaftesten in ganz Asien zählt. Seit der Wahlkampf Anfang Mai offiziell eingeläutet wurde, sind die gläsernen Fassaden der Bürotürme in der Hauptstadt Seoul mit riesigen Plakaten der Spitzenkandidaten zugepflastert.

Vom kleinen zum großen Bruder

von Ulrich Menzel

Wenige Tage vor der Winterolympiade 2022 in China reiste Wladimir Putin zu einem Gipfeltreffen mit Staatschef Xi Jingping nach Peking, um Rückendeckung für die geplante Invasion der Ukraine zu bekommen, die er nur drei Wochen später beginnen sollte. Am 4. Februar 2022 verkündeten Putin und Xi in einer gemeinsamen Erklärung die „grenzenlose Freundschaft“ ihrer beiden Länder in der Auseinandersetzung mit dem „absteigenden Westen“.