Ausgabe September 2014

BIP: Das vermessene Wachstum

Wir steigern das Bruttosozialprodukt“ – so hieß es einst in einem Nummer-eins-Hit der 80er Jahre. Derzeit schwächelt die deutsche Wirtschaft jedoch: Im zweiten Quartal sank das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Vergleich zum Vorquartal um 0,2 Prozent. Doch die Rettung naht: Denn längst wird nicht mehr nur in die Hände gespuckt, um das volkswirtschaftliche Wachstum anzukurbeln. Stattdessen wird das Bruttoinlandsprodukt, das den Gesamtwert aller Güter angibt, die in einem Jahr innerhalb der Landesgrenzen einer Volkswirtschaft hergestellt werden, künstlich aufgebläht.

Ab Anfang September berechnet Eurostat, das Statistische Amt der Europäischen Union, die volkswirtschaftliche Leistung der EU-Freihandelszone anhand neuer Kriterien. Künftig werden europaweit auch die geschätzten Erträge aus Prostitution, Waffen- und Drogenhandel sowie Tabakschmuggel direkt zum Bruttoinlandsprodukt hinzugerechnet – also Bereiche, die bislang zur Schattenwirtschaft zählten.[1] Darüber hinaus definiert Eurostat laufende Ausgaben zu Investitionen um; Forschung und Entwicklung gelten fortan als eigenständige Wertschöpfung. Bislang galten diese Ausgaben vor allem als Vorleistungen und fielen deshalb aus der Berechnung des BIP weitgehend heraus.

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Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

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