Der Kalte Krieg und die Eskalation der Angst
Angesichts der dramatischen Eskalation zwischen Russland und dem Westen in der Ukrainekrise begegnet man derzeit zwei, hoch konträren Lesarten: Die einen parallelisieren die gegenwärtige Lage mit der Zeit vor 1989, indem sie von einem neuen Kalten Krieg sprechen. Die anderen sprechen, gerade in Absetzung von der Zeit vor 1989, von einem neuen Heißen Krieg, der die Gefahren des Kalten Krieges weit in den Schatten stelle. Beide Beschreibungen gehen an den Realitäten und Spezifika der bipolaren Ära vorbei. Letztere verkennt jedoch zudem, wie sehr speziell in den frühen 80er Jahren der Frieden nur an einem seidenen Faden hing.
„Es gibt wichtigere Dinge, als im Frieden zu leben“, propagierte US-Außenminister Alexander Haig im Januar 1981.[1] Und US-Präsident Ronald Reagan konkretisierte im Mai 1981 und März 1983, was darunter zu verstehen sei: „Wir werden uns nicht damit abgeben, ihn [den Kommunismus] anzuprangern, wir werden uns seiner entledigen. […] Ich glaube, dass der Kommunismus nur ein weiteres trauriges und bizarres Kapitel in der Geschichte der Menschheit ist, deren letzte Seiten auch gerade jetzt geschrieben werden.“[2] „Und wenn die Abschreckung versagt“, so US-Verteidigungsminister Caspar Weinberger im Juni 1981, „müssen wir fähig sein zu gewinnen, um zu überleben.