Ausgabe März 2016

Integration im Sanktionsmodus

Deutschland steckt in einer Versorgungskrise, die lange vor dem tausendfachen Zuzug von Flüchtlingen über die Balkanroute begonnen hat. Bund, Länder und Kommunen schaffen es derzeit nicht, allen Menschen im Land die wichtigsten Güter zu gewähren: Zugang zu bezahlbarem Wohnraum, Bildung und Gesundheitsdiensten sowie die Gewährleistung von Sicherheit und politischer Teilhabe. Die Herausforderung für die Parteien ist also immens, und taugliche Antworten lägen im Interesse der Flüchtlinge wie der Mehrheitsgesellschaft. Jedoch schlagen deutsche Spitzenpolitiker zunehmend eine andere Richtung ein: Sie erklären die neu Angekommenen zu Integrationsverweigern.

Die Bundesarbeitsministerin hat es jüngst vorgemacht: „Wer signalisiert, dass er sich nicht integrieren will, dem werden wir die Leistungen kürzen“, schreibt Andrea Nahles in der FAZ.[1] Ihre Drohung richtet sich keineswegs an die neu ankommenden Kaufleute, Künstlerinnen und Analphabeten, nicht an die Handwerker und Ungelernten, nicht an die Hausfrauen, Lehrerinnen, Journalisten und Apothekerinnen aus Syrien, Afghanistan und dem Irak. Vielmehr sendet Nahles ein Signal an die Mehrheitsgesellschaft. Insbesondere wendet sie sich an das Wahlvolk, das in diesem Jahr über die Zusammensetzung von fünf Landtagen bestimmen darf, unter anderem in Rheinland-Pfalz, dem Heimatland der Ministerin.

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