Ausgabe September 2016

Für einen New Deal der Migration

„Wir schaffen das“, verkündete die Bundeskanzlerin vor einem Jahr mit Blick auf Hunderttausende von Flüchtlingen, die in Deutschland Schutz suchten. Doch Angela Merkels sprichwörtlich gewordene Zuversicht sollte sich nicht erfüllen. Ihre zeitweilige Öffnung der Grenzen endete mit einer doppelten Niederlage: dem Aufstieg der AfD und dem Abkommen mit einem immer autoritärer werdenden türkischen Staat. Denn mit dem Türkei-Deal hat Merkel unter dem wachsenden Druck aus dem In- wie Ausland ihren vergleichsweise offenen Kurs wieder aufgegeben. Dies liegt nicht zuletzt an einer fehlenden gesellschaftlichen Verständigung: Den höchst unterschiedlichen Befürwortern von Zuwanderung ist es bis heute nicht gelungen, ihre teils widersprüchlichen Interessen zu einem kohärenten Projekt zu verdichten – und dies nicht nur in Deutschland, sondern in ganz Europa.

Das resultiert auch daraus, dass nicht nur politische Beobachter jedweder Couleur, sondern selbst Migrationsforscher von den Ereignissen des Sommers 2015 weitgehend überrascht wurden. Jedoch sind es nicht die Flüchtlingszahlen selbst, mit denen niemand gerechnet hatte: Alle, die sich wissenschaftlich mit Fluchtbewegungen befassen, hatten die kontinuierliche Zunahme der Asylbewerberzahlen registriert und die europäischen Regierungen immer wieder ermahnt, konstruktive Lösungen zu suchen.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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