Ausgabe Juni 2017

Das neue deutsche Wir

Wie wir die Leitkultur-Debatte richtig führen

CC0 Public Domain

Bild: CC0 Public Domain

Was ist deutsch? Weder Politiker noch Intellektuelle können hinreichend erklären, was das Deutschland der Gegenwart und seine Gesellschaft ausmacht. Umso lauter sind die regelmäßigen Forderungen nach der Formulierung einer „deutschen Leitkultur“.

Vor fast zwei Jahrzehnten wurde der Begriff Leitkultur erstmals von dem damaligen CDU-Spitzenpolitiker Friedrich Merz ins Rennen geschickt, um eine Art Assimilation von Einwanderern zu fordern. Das war im Jahre 2000. Bundestagspräsident Norbert Lammert sollte recht behalten, als er damals von einer „Kurzdebatte“ sprach. Bis heute ist die Frage, was deutsche Leitkultur genau bedeutet, unbeantwortet geblieben. Stattdessen verlässt man sich auf einen diffusen Konsens der Mehrheit darüber, was „vermutlich“ deutsch ist. Bei diesem diffusen Konsens kann jeder den Begriff für sich selbst nach Gusto mit Inhalten füllen.

Nun also war es Thomas de Maizière, der den Begriff zurück in die politische Debatte holte und – passend zum Luther-Jahr – zehn Thesen zur deutschen Leitkultur präsentierte. Gewiss äußerte der Minister in seinem Zehnpunktekatalog auch manche Selbstverständlichkeit. Dennoch hat de Maizière mit seiner Forderung nach einer neuen „Leitkultur-Debatte“ grundsätzlich recht: Das Gefühl, dass da tatsächlich etwas im Argen liegt, trügt nicht.

Sie haben etwa 8% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 92% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (2.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Vom Proletariat zum Pöbel: Das neue reaktionäre Subjekt

von Micha Brumlik

Gewiss, es waren keineswegs nur Mitglieder der US-amerikanischen weißen Arbeiterklasse, die Donald Trump an die Macht gebracht haben. Und doch waren es auch und nicht zuletzt eben jene Arbeiter und Arbeitslosen – und genau hier liegt das eigentliche Erschrecken für die Linke.