Ausgabe März 2021

Österreich: Die Grünen in der Kurz-Falle

Pressekonferenz der österreichischen Bundesregierung mit den Landeshauptleuten zur aktuellen Entwicklung der Corona-Pandemie, Wien, 18.12.2020. (IMAGO / Eibner Europa)

Bild: Pressekonferenz der österreichischen Bundesregierung mit den Landeshauptleuten zur aktuellen Entwicklung der Corona-Pandemie, Wien, 18.12.2020. (IMAGO / Eibner Europa)

Ein paar Tage lang sah es im vergangenen Monat beinahe so aus, als könnte die türkis-grüne Regierung in Wien, dieses seltsame Bündnis der rechten Sebastian-Kurz-ÖVP und der Grünen, tatsächlich zerbrechen. Gerüchte machten die Runde, vier Abgeordnete der Grünen würden im Parlament gegen die eigene Regierung stimmen, die Parteispitze sondierte das Meinungsbild und stellte offen die Frage, ob die Grünen die Regierung platzen lassen sollten. Der unmittelbare, aktuelle Anlass: Das konservativ geführte Innenministerium hatte gut integrierte Schülerinnen und Schüler in einer Nacht-und-Nebel-Aktion mit ihren Familien aus ihren Wohnungen holen und abschieben lassen. Innenminister Karl Nehammer sicherte seinen Koalitionären noch zu, er würde die Deportationsbescheide des zuständigen Asyl- und Fremdenamtes „prüfen“, nur um nach oberflächlicher Prüfung die Außerlandesbringung abzunicken.

Schulfreunde eines der Opfer, einer 12jährigen Schülerin eines renommierten Wiener Innenstadt-Gymnasiums, protestierten die ganze Nacht über vor den Toren des Abschiebezentrums und wurden von der Alarmabteilung der Polizei unter Beiziehung der Hundestaffel brutal aus dem Weg geräumt. Später stellte sich überdies heraus, dass die Abschiebungen hart an der Grenze zur Illegalität schrammten: Die Familie der Gymnasiastin hatte einen Antrag auf humanitären Aufenthalt gestellt, der pflichtwidrig unbehandelt blieb.

März 2021

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (10.00€)
Druckausgabe kaufen (10.00€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Donald Trump und die moderne Konterrevolution

von Bernard E. Harcourt

Mit einer Flut von Präsidialdekreten und Notstandserklärungen hat Donald Trump die Axt an den US-amerikanischen Regierungsapparat und die globale Ordnung gelegt. Er zerschlägt den Verwaltungsstaat, schließt Behörden und entlässt Bundesbedienstete.

Für Gott und gegen das Böse

von Carlotta Voß

Seit Putins Vollinvasion der Ukraine am 24. Februar 2022 ringt das demokratische Europa nicht nur mit diesem fundamentalen Angriff auf seine territoriale Integrität, sondern auch mit seiner Geschichtsphilosophie. Pflichtschuldig wird in politischen Reden eingestanden, man habe sich geirrt in der Überzeugung, die Zeitenwende von 1989 markiere ein „Ende der Geschichte“.