Ausgabe Juli 2022

Russlands Krieg, Chinas Dilemma

Xi Jinping und Wladimir Putin in Moskau, 5.6.2019 (IMAGO/Xinhua)

Bild: Xi Jinping und Wladimir Putin in Moskau, 5.6.2019 (IMAGO/Xinhua)

Auch nach Monaten eines grausamen Angriffskrieges ist Russland weltweit nicht so isoliert, wie man es in den westlichen Hauptstädten gern hätte. Zwar beschränkt sich die offene Unterstützung der russischen Aggression auf fünf Länder ohne weltpolitisches Gewicht: Belarus, Eritrea, Nordkorea, Syrien und Venezuela. Aber unter den Staaten, die eine ambivalente oder neutrale Haltung einnehmen, rangieren mit China und Indien zwei Schwergewichte und kommende Supermächte. Beide sind mit Russland seit langem verbunden, wenn auch auf unterschiedliche Weise. Verbündete sind sie nicht, eher geopolitische und geoökonomische Rivalen, die sich angesichts der weltpolitischen Lage arrangiert haben, vor allem mit Blick auf ihre Distanz bzw. Gegnerschaft zur Weltmacht USA und ihrer Verbündeten. Sie sind Partner auf Zeit, aber keine Freunde oder gar Alliierte.

Jetzt führt Russland nicht nur Krieg gegen die Ukraine, sondern befindet sich zugleich in einem Wirtschafts- und Finanzkrieg mit den USA, der EU und ihren Unterstützern – einem Krieg, der voraussichtlich sehr lange dauern wird. Das gilt allein schon deshalb, weil die bis jetzt beschlossenen und eingeleiteten westlichen Sanktionen viele Monate brauchen werden, bis sie ihre Wirkung auf die russische Wirtschaft voll entfalten können.

Juli 2022

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In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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