Ausgabe Juli 2024

Die Wiederkehr des Imperialismus

Warum gerade nichtwestliche Staaten das Völkerrecht verteidigen sollten

Russlands Präsident Wladimir Putin erwartet Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un am Weltraumbahnhof Wostotschny in der Amur-Region, 13.9.2023 (IMAGO / UPI Photo)

Bild: Russlands Präsident Wladimir Putin erwartet Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un am Weltraumbahnhof Wostotschny in der Amur-Region, 13.9.2023 (IMAGO / UPI Photo)

Aus Anlass der „Konferenz zum Frieden“ in der Schweiz am 15. Juni appellierte Yuval Noah Harari insbesondere an die Regierungen nichtwestlicher Staaten, einen Frieden in der Ukraine zu vermitteln und auf der Unverletzlichkeit der Grenzen zu beharren. Unter einem Zusammenbruch der internationalen Ordnung, die auf dieser Norm beruht, würden vor allem schwächere Staaten leiden, so sein Argument. Zu der Konferenz schickten trotz der Absage Chinas tatsächlich fast hundert Staaten zum Teil hochrangige Delegationen. Welche weiteren Schritte folgen werden, ist vorerst allerdings unabsehbar. Gerade deshalb bleibt die Analyse des israelischen Historikers, die wir im Folgenden veröffentlichen, aktuell. Der Text erschien zuerst am 3. Juni auf Englisch in „The Economist“. Die Übersetzung stammt von Ferdinand Muggenthaler. – Die Red.

Wir wissen unsere Knie erst dann wirklich zu schätzen, wenn sie nicht mehr funktionieren. Dasselbe gilt für die globale Ordnung: Ihre einstigen Vorteile werden erst deutlich, wenn sie zusammenbricht. Und wenn die Ordnung zusammenbricht, leiden in der Regel die Schwachen am meisten darunter. Dieses Gesetz der Geschichte sollten die Staats- und Regierungschefs der Welt mit Blick auf den Friedensgipfel für die Ukraine am 15. Juni in der Schweiz präsent haben.

»Blätter«-Ausgabe 7/2024

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In der Oktober-Ausgabe wertet Seyla Benhabib das ungehemmte Agieren der israelischen Regierung in Gaza als Ausdruck einer neuen Ära der Straflosigkeit. Eva Illouz ergründet, warum ein Teil der progressiven Linken auf das Hamas-Massaker mit Gleichgültigkeit reagiert hat. Wolfgang Kraushaar analysiert, wie sich Gaza in eine derart mörderische Sackgasse verwandeln konnte und die Israelsolidarität hierzulande vielerorts ihren Kompass verloren hat. Anna Jikhareva erklärt, warum die Mehrheit der Ukrainer trotz dreieinhalb Jahren Vollinvasion nicht zur Kapitulation bereit ist. Jan Eijking fordert im 80. Jubiläumsjahr der Vereinten Nationen mutige Reformen zu deren Stärkung – gegen den drohenden Bedeutungsverlust. Bernd Greiner spürt den Ursprüngen des Trumpismus nach und warnt vor dessen Fortbestehen, auch ohne Trump. Andreas Fisahn sieht in den USA einen „Vampirkapitalismus“ heraufziehen. Und Johannes Geck zeigt, wie rechte und islamistische Rapper Menschenverachtung konsumierbar machen.

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