Ausgabe Mai 1995

Rückbindungen deutscher Außenbeziehungen

Noch nie war es einfach zu definieren, was "Deutschland" heißt. Der Nationalstaat ist hier eine schwierige Kategorie, und sie wird immer problematischer. Sie erfaßt Wichtiges, aber bei weitem nicht alles: Bundesländer und Regionen (auch grenzübergreifende wie Bodensee oder Ostsee) wirken "von unten", während transnationale Akteure und Regime die (national-)staatliche Ebene "von oben" überwölben (EU, GATT, Europarat etc.). Wir wollen "Deutschland" pragmatisch als Bezeichnung für das Territorium der Bundesrepublik verwenden.

Gibt es kollektive "deutsche" Interessen?

Den Raum haben wir vorläufig definiert. Gelten für diesen Raum eigene Interessen? Können wir spezifisch "deutsche" Interessen bestimmen? Wenn die Kategorie des Nationalstaats unzureichend ist, lassen nationale Interessen sich nur schwer definieren.

Darüber hinaus sind Interessen akteursabhängig, und Akteure - auch relevante - finden sich viele. Gibt es deshalb nur die je spezifischen Interessen einzelner Gruppen oder Einrichtungen - wie Bundesbank, Kohlebergbau, Luftfahrtindustrie, Werften, ÖTV, IG Metall, Mediengruppen, religiöse Gemeinschaften, Bundesländer usw.? Alle diese Akteure und Lobbies reklamieren ihre eigenen Interessen, auch außenpolitisch - zumindest über die EU vermittelt. All diese vested interests gibt es.

Mai 1995

Sie haben etwa 5% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 95% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Warnungen aus Weimar

von Daniel Ziblatt

Autokraten sind vielerorts auf dem Vormarsch. Ihre Machtübernahme ist aber keineswegs zwangsläufig. Gerade der Blick auf die Weimarer Republik zeigt: Oft ist es das taktische Kalkül der alten Eliten, das die Antidemokraten an die Macht bringt.