Ausgabe August 1995

Ein populistischer Zwitter

Rußlands KP zwischen Leninismus und Staatspatriotismus

Sie ist die größte Partei des Landes, stützt sich auf ein stabiles Netzwerk lokaler Organisationen und auf eine eigene Presse, nutzt den "traditionell" guten Zugang zu einigen Massenmedien, hat mittlerweile zwei Parteitage abgehalten (1993 und 1995) - und schon bei den Duma-Wahlen 1993 ihre Popularität bewiesen.

Doch im Westen kennt man sie kaum, jene Kommunistische Partei der Russischen Föderation, die als Erbin der legendären KPdSU auftritt. Das mag u.a. auch daran liegen, daß sie schwer einzuordnen scheint und - etwa durch die Bündnisse mit Nationalisten - hierzulande als kurios gilt.

In der Tat ist sie in ideologischer Hinsicht ein merkwürdiges Zwitterwesen, das sich nur schwerlich mit den herkömmlichen Maßstäben der Links/Rechts-Dimension bewerten läßt: "kommunistisch" bestimmt nicht in demselben Sinne wie die KPdSU, denn der leninistische Jargon, der in den Parteidokumenten noch gelegentlich auftaucht, scheint eher eine Reminiszenz denn eine ernstzunehmende Handlungsanleitung zu sein.

Die ideologische Katastrophe der Auflösungsperiode

Ein Großteil der heutigen Parteien und Bewegungen sind im Schoße der KPdSU entstanden. Sowohl die westorientierten "Demokraten" als auch die konservativ-patriotischen Kommunisten haben alle ihren Hintergrund in einer Fraktion oder "Plattform" der KPdSU.

August 1995

Sie haben etwa 4% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 96% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Vom Proletariat zum Pöbel: Das neue reaktionäre Subjekt

von Micha Brumlik

Gewiss, es waren keineswegs nur Mitglieder der US-amerikanischen weißen Arbeiterklasse, die Donald Trump an die Macht gebracht haben. Und doch waren es auch und nicht zuletzt eben jene Arbeiter und Arbeitslosen – und genau hier liegt das eigentliche Erschrecken für die Linke.