Ausgabe Februar 1996

Bis zum Bauch im Wasser

Die Kehrseite der CDU-Erfolgsgeschichte

"Diese Partei sieht nicht wie ein elegantes Segelschiff aus, das über die Meere dahinjagt aber am ersten Riff, auf das es aufläuft, sofort sinkt. Diese Partei ähnelt vielmehr einem Floß, auf dem man manchmal bis zum Bauch im Wasser steht. Aber das Floß ist unsinkbar, und darauf kommt es an!" Helmut Kohl 1) Schwere Zeiten waren dem Kanzler und seiner Partei nach der Bundestagswahl 1994 vom politischen Gegner angekündigt und aus den eigenen Reihen prophezeit worden.

Aber schon bald darauf schien all das widerlegt. 1995 entwickelte sich zu einem unerwartet erfolgreichen Jahr für die CDU. So geriet fast jeder Leitartikel über die Union im ersten Halbjahr unter der Hand zu einem Beitrag in Sachen FDP und später zunehmend zu einer Zustandsbeschreibung der SPD. Und der Auslöser der sozialdemokratischen Krise hätte nicht besser ins Konzept der Regierungsparteien passen können: ein Streit zwischen Schröder und Scharping über "moderne Wirtschaftspolitik". Er signalisierte, wie weit die neoliberal-neokonservative Meinungsführerschaft (auf diesem Felde) nach jahrelangen Bemühungen inzwischen reichte.

Februar 1996

Sie haben etwa 3% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 97% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Patriotische Zivilgesellschaft: Das Vorfeld der AfD

von Sebastian Beer

Alice Weidel war genervt von der Geräuschkulisse während ihres Sommerinterviews Ende Juli in der ARD. Um das Gespräch mit der AfD-Vorsitzenden zu stören, hatten sich Aktivist:innen des Künstlerkollektivs Zentrum für Politische Schönheit unweit des TV-Studios versammelt und Musik abgespielt.

Ernst, aber nicht hoffnungslos

von Thorben Albrecht, Christian Krell

Spätestens seit Ralf Dahrendorfs berühmt gewordener These vom „Ende des sozialdemokratischen Jahrhunderts“ gehören SPD-Niedergangsprognosen zu den Klassikern der parteibezogenen Publizistik. Die Partei hat diese Prognose bisher um 42 Jahre überlebt. Aber das konstituiert keine Ewigkeitsgarantie.