Anfang der 80er Jahre hatte ich ein Kinderbuch zur Abrüstung geschrieben ("Wann soll man Bäume pflanzen?"), in das ich nicht mehr gar so gern schaue, aber das ich auch nicht verleugnen will. Natürlich war es staats- und SED-konform, aber es war auch nicht unrealistisch, und immerhin wurden zwei Auflagen davon verkauft. Vielleicht, weil spürbar war, daß ich für radikale Abrüstung wirklich "brannte". Jedenfalls gab es einige Schulklassen, die an- oder aufgeregt durch das Buch - für die Abrüstungspolitik der DDR demonstrieren wollten. Sie durften nicht. Demonstrationen gab es in der DDR am 1. Mai und 7. Oktober, spontane öffentliche Bekundungen selbst der Zustimmung zur SED-Politik waren nicht genehm. Emanzipation wird in deutschen Wörterbüchern allgemein mit Befreiung übersetzt, ich ziehe das Wort Selbstbefreiung vor. Man durfte in der DDR befreit werden, sich selbst befreien durfte man nicht.
Man hört heute oft, der "verordnete Antifaschismus" der DDR sei besser als kein Antifaschismus, und natürlich habe ich keinen Grund dem, aber viele Gründe einer solchen Gegenüberstellung zu widersprechen. Diesen Antifaschismus zu leben, selbstbestimmt zu leben, in geistigen und politischen Auseinandersetzungen, das eigene Kreuz dafür hinzuhalten, war kaum möglich.