Ausgabe Januar 1997

Plastikgeld und mehr

Wie Banken und Finanzdienstleister die Gesellschaft umkrempeln

"Auf ihrer Geldkarte sind jetzt noch 223 Mark und 79 Pfennige drauf", rief der freundliche Juniorchef seinem Kunden zu. "Wirklich alle im Laden konnten es hören", berichtet Christof Schrade von seinen ersten bargeldlosen Erfahrungen. Das ist halt Service", resigniert der Redakteur der "Schwäbischen Zeitung". Die Revolution findet diesmal in Schwaben statt: Ort des aufregenden Geschehens sind die beschaulichen Städte Ravensburg und Weingarten. Dort testet die deutsche Kreditwirtschaft seit Ende März 1996 ihre "Geldkarte". 60 000 Einwohner bezahlen damit ihre Früstücksbrötchen und die Morgenzeitung. Die Idee der Revolution schlummert in unseren unscheinbaren Telefonkarten: Das Bargeld ist am Ende! An seine Stelle wird eine "Verkabelung des Menschen" treten, befürchtete einst DeutscheBank-Vorstand van Hooven: "Durch die Hintertür könnten wir zu einer direktiven Wirtschaft gelangen".

Ganz anders klingt es heute bei der Deutschen Telekom: Sie spricht von "einem innovativen Produkt für die Welt von morgen". Beide werden wohl recht behalten. Im Mittelpunkt des Interesses steht die "Multifunktionale Chipkarte" - und ein gesellschaftlicher Umbruch. Am Anfang war die Kreditkarte. Weltweit sind über 600 Millionen Stück im Umlauf.

Januar 1997

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