Es besteht ein krasser Widerspruch zwischen der allgemeinen humanitären politischen Rhetorik und der tatsächlichen Bereitschaft der Regierungen der USA und der EU, ein effektives System der internationalen Hilfe aufzubauen. Die internationale Verrechtlichung, Standardisierung und Koordination der staatlichen und nichtstaatlichen humanitären Akteure bewegt sich auf niedrigerem Niveau als zum Beispiel im Bereich des internationalen Post- und Flugverkehrswesen oder bei der Durchführung der olympischen Spiele. Dieser von einigen Beobachtern beschönigend als "System" der internationalen humanitären Hilfe bezeichnete Politikbereich gleicht einem System des institutionalisierten Zynismus. Letztes Opfer der hohen Kunst der Vereinnahmung und Neutralisierung von zunächst in kritischer Absicht entwickelter Begriffe könnte das Konzept der "zivilen Konfliktprävention" zu sein. Was hier eine Möglichkeit beschreibt, ist bei der "humanitären Hilfe" längst eingetreten.
Die UN-Vollversammlung hat dem amtierenden Beauftragten für humanitäre Hilfe, Sergio de Mello, zwar die Aufgabe der weltweiten "Koordination" humanitärer Hilfe und eine Art Lobbyfunktion für humanitäre Prinzipien zugewiesen, ohne ihn allerdings mit den dafür notwendigen institutionellen Instrumenten auszustatten.