Im Juli hat die Bundesregierung ihren zuvor gezeigten Widerstand gegen ein Vorziehen der dritten und letzten Stufe der Einkommensteuerreform aufgegeben. Diese war ursprünglich erst für 2005 vorgesehen, und wird nun auf das kommende Jahr vorgezogen – nach anhaltendem Druck aus Opposition, Medien, Arbeitgeberlager und der Mehrheit der Wirtschaftsforschungsinstitute sowie vor dem Hintergrund sich beständig verschlechternder Konjunkturprognosen. Diese letzte Reformetappe bringt Entlastungen am unteren, vor allem aber am oberen Ende des Einkommensteuertarifs. Der Eingangssteuersatz sinkt von derzeit 19,9% auf 15%, der Grundfreibetrag, der für die steuerliche Freistellung des Existenzminimums sorgen soll, steigt von 7 235 Euro auf 7 664 Euro jährlich. Der Spitzensteuersatz wird von 48,5% auf 42% reduziert. Als Ausgleich sinkt die Progressionsgrenze (das steuerpflichtige Jahreseinkommen, ab dem der Spitzensteuersatz gilt), allerdings relativ geringfügig von 54 999 Euro auf 52 152 Euro. Der deutsche Einkommensteuerhöchstsatz befindet sich somit – selbst unter Berücksichtigung des Solidaritätszuschlags1 – ab 2004 deutlich unter dem EU-Durchschnitt, der 2002 gut 49% betrug. Die fiskalischen Kosten dieser letzten Steuersenkungsstufe werden vom Bundesfinanzministerium auf 7 Mrd. Euro für den Bund und 8,5 Mrd. Euro für Länder und Gemeinden (insgesamt also 15,5 Mrd. Euro) beziffert.
In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.