Ausgabe November 2006

Das Ende Lateinamerikas?

Der mexikanische Politikwissenschaftler Jorge G. Castañeda, heute wohl Lateinamerikas klarsichtigster Analytiker, veröffentlichte Anfang der 90er Jahre, als nach der Implosion der Sowjetunion die Postmoderne auch den Subkontinent erreichte, einen Nachruf auf die progressiven Bewegungen der Region.Der mexikanische Politikwissenschaftler Jorge G. Castañeda, heute wohl Lateinamerikas klarsichtigster Analytiker, veröffentlichte Anfang der 90er Jahre, als nach der Implosion der Sowjetunion die Postmoderne auch den Subkontinent erreichte, einen Nachruf auf die progressiven Bewegungen der Region. Sein „Utopia Unarmed“ prophezeite Lateinamerika nach dem Austrocknen der revolutionären Guerilla angesichts der immer noch ungelösten sozialen Frage eine besonnen agierende Linke von der Art der europäischen Sozialdemokratie. Chiles Entwicklung schien ihn zu bestätigen. Heute jedoch muss er eine deutlich andere Linke konstatieren, mit Venezuela unter Präsident Hugo Chávez als Avantgarde.1

 

Mangels brauchbarer Kategorien für die Einordnung der neuen Phänomene wird gerne der Begriff „Linkspopulismus“, wahlweise auch „Neopopulismus“, strapaziert. Infolge des hohen Abstraktionsgrades hilft das jedoch nicht weiter. Zusätzlich verwirrt die zunehmende Heterogenität der politischen Szene Lateinamerikas.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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