Ausgabe Februar 2008

Der Heilige Stuhl im Reich der Mitte

Seit geraumer Zeit betreibt Papst Benedikt XVI. eine heftig debattierte, ambivalente Annäherungspolitik des Katholizismus gegenüber anderen christlichen Konfessionen. Eine politisch weit bedeutsamere Initiative des Papstes wurde jedoch beinahe übersehen: Mit Datum vom 27. Mai 2007 verfasste Benedikt XVI. ein Schreiben an die Mitglieder der katholische Kirche Chinas.1 Darin benennt er die Probleme des Heiligen Stuhls im Verhältnis zur aufstrebenden Weltmacht. Verschiedentlich als Hoffnungszeichen für die Katholiken in China gewertet, ist vor allem die Deutlichkeit des Schreibens bemerkenswert. Benedikt XVI. verbindet sein Bemühen um eine Normalisierung der bilateralen Beziehungen mit einer selbstbewussten, beinahe konfrontativen Haltung.

Dabei sind die Rahmenbedingungen der päpstlichen Initiative alles andere als einfach: Bereits kurz nach der Machtübernahme durch die Kommunisten auf dem chinesischen Festland brach die Volksrepublik China 1951 die diplomatischen Beziehungen zum Heiligen Stuhl ab. Seitdem pflegt letzterer solche nur noch mit der Republik China (Taiwan). Nach den antireligiösen Exzessen der Kulturrevolution 1966-1976 wurde mit Beginn der chinesischen Reformpolitik 1979 die Religionsausübung zwar wieder erlaubt, ohne jedoch eine freie, vom Staat unbehinderte Kirche zuzulassen.

Sie haben etwa 10% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 90% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Euphorie und Ernüchterung: Bangladesch nach dem Aufstand

von Natalie Mayroth, Dil Afrose Jahan

Im September fanden an der Universität Dhaka, einer der wichtigsten Hochschulen Bangladeschs, Wahlen zur Studentenvereinigung statt. Manche sehen sie als Testlauf für die nationalen Wahlen. Daher ist es ein Warnsignal, dass dort ausgerechnet der Studentenflügel der islamistischen Jamaat-e-Islami gewann.

Koloniale Nachwehen: Der Kampf um Kaschmir

von Amadeus Marzai

Ein brutaler Terroranschlag riss am Nachmittag des 22. April das idyllische Baisaran-Gebirgstal im von Indien kontrollierten Teil Kaschmirs aus seiner Ruhe. Es war der Beginn einer rapiden Eskalation im seit jeher angespannten indisch-pakistanischen Verhältnis und könnte sogar zum Ausgangspunkt eines größeren Krieges zwischen den beiden Nuklearmächten werden.

Südkorea: Vom Putschversuch zur Richtungswahl

von Fabian Kretschmer

Es ist mehr als nur ein Klischee, dass die südkoreanische Demokratie zu den lebhaftesten in ganz Asien zählt. Seit der Wahlkampf Anfang Mai offiziell eingeläutet wurde, sind die gläsernen Fassaden der Bürotürme in der Hauptstadt Seoul mit riesigen Plakaten der Spitzenkandidaten zugepflastert.