Ausgabe Januar 2009

Der Außergewöhnliche

Spätestens seit dem 4. November 2008 ist Enthusiasmus geradezu obligatorisch – über diesen, so scheint es, ersten politischen Superstar unseres Zeitalters. Gleichzeitig steigt die Spannung hin zum 20. Januar 2009, dem Tag des Amtsantritts, zu dem mit zwei bis drei Millionen Menschen die möglicherweise größte Massenversammlung aller Zeiten erwartet wird. Mit seinem in diesen finsteren Zeiten Mut machenden Zuruf „Yes, we can“ hat Barack Obama vielen hoffnungswilligen Menschen aus der Seele gesprochen – und mit seinem zweiten Buch1 sein Credo begründet. „The Audacity of Hope“, so der Titel, der den deutschen Leser an Kants Aufklärungsschrift erinnern darf: „Habe den Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen.“

Aber ist diese Hoffnungsbegeisterung auch nur halbwegs berechtigt? Oder ist die ganze Obamania nur ein flüchtiges, massenpsychologisches Phänomen, ihr Gegenstand ein PR-Produkt wie seinerzeit, was wir allerdings erst viel später erfuhren, John F. Kennedy? 2

Wir wissen es nicht, und Skepsis ist in solchen Fällen immer eine intellektuelle Tugend. Aber mit Skepsis allein ist ernsthaften Versuchen, Neues und Notwendiges zu beginnen, nicht gedient: Sie kann für die Hoffnung tödlich sein.

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In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

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