Ausgabe August 1990

Vom Kaufvertrag zur Übereignung

Anmerkungen zum Einigungsvertrag

Die anstehende Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten wirft viel mehr Probleme auf, als angesichts des bewußt erzeugten Zeitdrucks noch vor dem Beitritt der DDR zur Bundesrepublik gelöst werden könnten. Das Handlungsmuster bei der Durchsetzung des "Einigungsvertrages" ist das gleiche wie beim ersten Staatsvertrag, der die Wirtschafts- und Währungsunion fixierte. Zunächst greift die Bundesregierung einen bestimmten Zeitpunkt auf, der zum magischen Fixpunkt für die kurze Dauer des Einigungsprozesses erhoben wird. Das erste Datum dieser Art war der 1. Juli, an dem die DM in der DDR eingeführt wurde. Die Eigendynamik dieser Terminvorgabe führte dazu, daß die - ohnehin viel zu zaghaften - Versuche innerhalb und außerhalb des Parlaments erfolglos bleiben mußten, noch einen positiven Einfluß auf das Vertragspaket zu nehmen. Die SPD hat übrigens die Währungsunion als erste gefordert - sie blieb denn auch während der gesamten Beratungen unsicher und gelähmt, von einer wirklichen Opposition konnte in diesen entscheidenden Wochen bei ihr nicht die Rede sein. Das gleiche Spiel wiederholt sich nun bei der Diskussion über den zweiten Staatsvertrag alias "Einigungsvertrag" .

Der Wahltermin für Dezember würgt alle inhaltlichen, gar kritischen Diskussionen über die Art und Weise dieses Verfahrens ab.

August 1990

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