Ausgabe Juni 1991

Kirche statt Sozialismus

Zur päpstlichen Enzyklika Centesimus annus

Als vor 100 Jahren "das ungeheure und weitverbreitete soziale Unrecht voll zutage trat und die Gefahr einer von den damaligen 'sozialistischen' Strömungen geforderten Revolution drohte" (Centesimus annus, I. Kapitel, Ziffer 4), veröffentlichte Papst Leo XIII. die Sozialenzyklika "Rerum novarum". Zum 100. Jahrestag zog nun Papst Johannes Paul II. in der Enzyklika "Centesimus annus" Bilanz über die katholische Soziallehre. Dabei stellt er seine Bewertung der "Ereignisse der letzten Monate des Jahres 1989 und der ersten des Jahres 1990" in den Mittelpunkt, die eine Bestätigung für "Rerum novarum" seien. "Papst Leo sah in der Tat unter allen Aspekten, politisch, sozial und wirtschaftlich, die negativen Folgen einer Gesellschaftsordnung voraus, wie sie der Sozialismus vorlegte" (II. Kapitel, Ziffer 12). Bestätigt habe sich auch die Auffassung Leo XIII., "daß es keine echte Lösung der 'sozialen Frage' außerhalb des Evangeliums gibt."

Johannes Paul analysiert ausführlich den "Zusammenbruch des Marxismus" oder des "Sozialismus" (er verwendet die beiden Begriffe synonym), wobei er abwechselnd Leo XIII. und sich selbst bestätigend zitiert. Der Sozialismus sei mit dem Anspruch angetreten, die "Arbeiterfrage" zu lösen, das Heilmittel habe sich aber als schlimmer herausgestellt als das Übel, urteilt der Papst.

Juni 1991

Sie haben etwa 14% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 86% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe Dezember 2025

In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Klasse statt Identität

von Lea Ypi

Die Aufklärung wird heutzutage oft geschmäht, sowohl von rechts als auch von links. Von der Rechten, weil kritisches Reflektieren, der Mut, sich seines Verstandes zu bedienen (Kant), schon immer eine Bedrohung für die passive Unterwerfung gegenüber Autorität bedeutet hat, die für die Normalisierung von Ausgrenzungen erforderlich ist.

Mythos grüne Digitalisierung

von Ingo Dachwitz, Sven Hilbig

Der Klang der Zukunft ist ein leises, elektrisches Dröhnen, das in den Knochen vibriert. Hier im Rechenzentrum herrscht niemals Stille. Es ist erfüllt von einem monotonen Chor mechanischer Flüstertöne.

Aliens unter uns?

von Ferdinand Muggenthaler

Es war ein dramatischer Appell an den chinesischen Präsidenten Xi Jinping und Donald Trump, der Ende März in der „New York Times“ erschien. Es ging dabei jedoch nicht um die Klimakrise oder eine Friedenslösung für die Ukraine. Stattdessen forderte der Kommentator Thomas L. Friedman die beiden mächtigen Männer auf, die Künstliche Intelligenz einzuhegen.

Spanien: Das Land der armen Mieter

von Julia Macher

Es gibt nicht viele Themen, die in ganz Spanien Menschen auf die Straße bringen. Landesweite Demonstrationen prägen in der Regel den Weltfrauentag am 8. März, ansonsten vereint wenig das heterogene und politisch hochpolarisierte Land. Eine Ausnahme bildet das Thema Wohnraum.