Ausgabe September 1991

Friedrichs Heimkehr

Prinz Louis Ferdinand von Preußen hat nach dem Zusammenbruch der DDR und der Vereinigung der beiden deutschen Staaten beschlossen, den Sarg seines Urahnen Friedrich II., den die Historiker den Großen nennen, endlich - dem Wunsch des am 17. August 1786 Verstorbenen gemäß zu begraben. In einem schon 1752 verfaßten Testament hatte der König ausdrücklich bestimmt "Ich habe als Philosoph gelebt und will als solcher begraben werden, ohne Pomp, ohne Prunk und ohne die geringsten Ceremonien. Ich will weder geöffnet, noch einbalsamiert werden. Sterbe ich in Berlin oder Potsdam, so will ich der eitlen Neugier des Volkes nicht zur Schau gestellt und am dritten Tag um Mitternacht beigesetzt werden. Man bringe mich beim Schein einer Laterne und o h n e d a ß m i r j e m a n d f o l g t, nach Sanssouci und bestatte mich dort ganz schlicht auf der Höhe der Terrasse rechterhand, wenn man heraufsteigt, in einer Gruft, die ich mir habe herrichten lassen".

Gustav Mendelssohn-Bartholdy hatte schon 1912 in seiner kommentierten Sammlung von Lebenszeugnissen des Königs bemerkt, "Mangel an Ehrfurcht und feinerem Empfinden für Stil und Würde ließ seinen oft ausgesprochenen Wunsch unerfüllt (...), und der tote König konnte nicht verhindern, daß man ihn unter der Kanzel der Garnisonkirche zu Potsdam neben dem Vater beisetzte".

September 1991

Sie haben etwa 11% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 89% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema Geschichte

Die Rückkehr des Besatzers

von Sergej Lebedew

Vor fünfzig Jahren, am 1. August 1975, wurde mit der Unterzeichnung des Abkommens von Helsinki die Unverletzlichkeit der nach dem Zweiten Weltkrieg errichteten Grenzen anerkannt. Wie wir wissen, dauerte die Ordnung von Helsinki etwa fünfzehn Jahre. Die Sowjetunion hörte auf zu existieren, und die Länder Ost- und Mitteleuropas fanden ihren Weg zu Freiheit und Eigenstaatlichkeit.