Ausgabe November 1995

General Powell als Retter

Gottseidank gibt es Colin Powell - gottseidank kann man wenigstens spekulieren, ob der Generalstabschef a.D. Bill Clintons Nachfolger werden will. Sonst gäbe es bei den auf Hochtouren laufenden Republikanischen Vorwahlen - die Wahlen selbst finden erst im November 1996 statt - nur Nullachtfuffzehn-Politiker und ein paar als Revolutionäre verkleidete rechte Hitzköpfe. Keiner der Kandidaten ist klarer Favorit. Für den als Rechtsaußen wiedergeborenen Establishment-Republikaner Bob Dole können sich nicht einmal seine Fans begeistern. Er führt Wahlkampf, als habe er nach langjähriger Senatstätigkeit und mehreren Anläufen aufs Weiße Haus ein Anrecht auf das Präsidentenamt. Der redegewaltige Phil Gramm aus Texas hat sich den rechtsgerichteten Evangelikalen verschrieben; er macht Kleinholz aus Bill Clinton und anderen Gegnern, hat aber sonst wenig anzubieten. Lamar Alexander aus Tennessee?

Man kratzt sich am Kopf. Richard Lugar aus Indiana? Der Abgeordnete Bob Dornan aus Kalifornien, der ewig zornige Mann mit stets hochrotem Gesicht? Den kann man sich nicht bei einem Gipfeltreffen mit ausländischen Staatschefs vorstellen. Malcolm Forbes, der Multimillionär? Er will 25 Millionen Dollar eigenes Geld in den Vorwahlkampf stecken. Sonst hat er sich nicht profiliert. Radiotalkmaster Alan Keyes? Dünner Lebenslauf. Er hat zweimal in Maryland für den Senat kandidiert und zweimal verloren.

November 1995

Sie haben etwa 16% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 84% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Gaza: Hält der erzwungene Frieden?

von Ignaz Szlacheta

Erst als am 13. Oktober morgens die 20 noch lebenden Geiseln freigelassen worden waren und kurz darauf auch knapp 2000 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freikamen, wich die Anspannung. Vorher beschrieb der katarische Nachrichtensender Al-Araby die Stimmung im Gazastreifen als einen „Zustand des Wartens und der Wachsamkeit, begleitet von großer Zuversicht“.

Die dunklen Seiten der USA

von Frank Biess

Die autoritäre Wende in den USA unter der Trump-Regierung hat bei vielen Beobachtern in der Bundesrepublik eine große Ratlosigkeit ausgelöst. Schon angesichts der ersten Trump-Regentschaft fragte der Historiker Heinrich August Winkler besorgt, ob „der Westen“ nun zerbreche.