Wohin führt die Debatte über Martin Walsers Friedensrede?
Die Rede, die Martin Walser anläßlich seiner Auszeichnung mit dem Friedenspreis des deutschen Buchhandels am 11. Oktober 1998 in der Frankfurter Paulskirche hielt, und Ignatz Bubis' heftiger Einspruch ("geistige Brandstiftung") haben eine anschwellende Debatte ausgelöst. Karl D. Bredthauer sprach darüber mit Michel Friedman, Rechtsanwalt und Publizist in Frankfurt am Main, der auch dem Vorstand des Zentralrats der Juden in Deutschland angehört. - D. Red.
Blätter: Die "Frankfurter Allgemeine" konstatiert eine - mit kräftigem Zutun ihrerseits entstandene und betriebene - nationale Grundsatzdebatte. "Vielleicht die letzte" ihrer Art, schreibt sie. Gleichzeitig steht da, diese Debatte beginne "fast bei null". Viel Anfang und viel Ende also - in dieser Perspektive, in der Übergangszeit von der Bonner zur Berliner Republik. Worin sehen Sie den Sinn, die Funktion dieser Debatte, und: Wo steuert sie hin?
Michel Friedman: Seit 1945 versuchen interessierte Kreise immer wieder, den "Schlußstrich" und die "Stunde Null" in die Diskussion einzuführen. Die FAZ irrt, wenn sie glaubt, dies sei die letzte Debatte. Sie irrte auch, als sie vor zehn Jahren versuchte, den "Historikerstreit" zu lancieren, um diese Debatte zu erreichen.