Ausgabe August 1999

Die NATO hat ihre Ziele verfehlt

Leserbrief des britischen Generals Sir Michael Rose, veröffentlicht in The Times vom 14. Juli 1999 (Wortlaut)

Sir,

es überrascht mich zu sehen (vgl. Ihren Leitartikel vom 12. Juli), daß Sie die derzeitge Propagandakampagne der NATO und britischer Politiker unterstützen, die ständig wiederholen, der NATO-Luftkrieg über Kosovo habe seine Ziele erreicht. Offenkundig hat er dies nicht.

Als die NATO am 24. März den Krieg begann, waren ihre Ziele, nach den Worten von NATO-Generalsekretär Javier Solana, "weiteres menschliches Leiden, vermehrte Unterdrückung und Gewalt gegen die Zivilbevölkerung im Kosovo zu verhüten." Wie unser Verteidigungsministerium es ausdrückte, bestand der Zweck des Krieges darin, "die serbischen Möglichkeiten zur Unterdrückung der Kosovo-Albaner zu vermindern - und auf diese Weise eine humanitäre Katastrophe zu verhindern."

Nach 11 Wochen eines der intensivsten Luftkriege in der Geschichte der Kriegsführung ist klar, daß die NATO diese ursprünglichen Ziele tragischerweise verfehlt hat. Denn Tausende von Menschen wurden brutal ermordet und mehr als eine Million wurden von den Serben aus ihren Häusern vertrieben.

Die Allianz war somit gezwungen, den Zweck des Krieges dahingehend umzudefinieren, daß er die sichere Rückkehr der Kosovo-Albaner in ihre Häuser ermöglichen sollte.

August 1999

Sie haben etwa 55% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 45% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1€)
Digitalausgabe kaufen (10€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe November 2025

In der November-Ausgabe ergründen Carolin Amlinger und Oliver Nachtwey die Anziehungskraft des demokratischen Faschismus. Frank Biess legt die historischen Vorläufer von Trumps autoritärer Wende offen – ebenso wie die Lebenslügen der Bundesrepublik. Daniel Ziblatt zieht Lehren aus der Weimarer Republik für den Umgang mit den Autokraten von heute. Annette Dittert zeigt, wie Elon Musk und Nigel Farage die britische Demokratie aus den Angeln zu heben versuchen. Olga Bubich analysiert, wie Putin mit einer manipulierten Version der russischen Geschichte seinen Krieg in der Ukraine legitimiert. Ute Scheub plädiert für die Umverteilung von Wohlstand – gegen die Diktatur der Superreichen. Sonja Peteranderl erörtert, inwiefern sich Femizide und Gewalt gegen Frauen mit KI bekämpfen lassen. Und Benjamin von Brackel und Toralf Staud fragen, ob sich der Klimakollaps durch das Erreichen positiver Kipppunkte verhindern lässt.

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Verbrecherische Komplizen: Libyen und die EU

von Sigrun Matthiesen, Allison West

Es war ein Tiefpunkt in der Geschichte der Seenotrettung: 20 Minuten lang beschoss am 24. August ein Patrouillenboot der libyschen Küstenwache die Ocean Viking, ein Rettungsschiff der Seenotrettungsorganisation SOS Méditerranée.

Von Milošević zu Trump: Die bosnische Tragödie und der Verrat an den Bürgerrechten

von Sead Husic

Es herrschte keine Freude bei der bosnisch-herzegowinischen Regierungsdelegation am 22. November 1995 auf dem Wright-Patterson-Luftwaffenstützpunkt in Dayton. Eben hatte sie dem Friedensabkommen mit der Bundesrepublik Jugoslawien, die noch aus Serbien und Montenegro bestand, und Kroatien zugestimmt, doch sie fühlte sich betrogen.