Ausgabe September 2009

Abtreibung: Die neue Angstmache

Ende Mai d.J. wurde der US-amerikanische Gynäkologe Dr. George Tiller in seiner Heimatstadt Wichita, Kansas, auf dem Weg zur Kirche erschossen. So schrecklich sein Tod ist, kam er doch nicht gänzlich unerwartet: Denn Tiller, einer der wenigen sogenannten Abtreibungsärzte in den USA, hatte zuvor bereits einen Bombenanschlag auf seine Klinik und ein Attentat überlebt – beide verübt von fanatischen Abtreibungsgegnern, für die ein Schwangerschaftsabbruch Mord ist. Mord, den zu verhindern es in ihren Augen des Mordes bedarf.

Derart gewalttätig sind die Gegner legaler Abtreibung in Europa bislang nicht. Allerdings tun sich auch diesseits des Atlantik – auch in der Bundesrepublik – zumeist fundamentalistische Christen zusammen, um gegen das Recht auf Abtreibung zu kämpfen. Dies geschieht jedoch überwiegend friedlich, beispielsweise durch eine Art „Gehsteigberatung“ vor gynäkologischen Praxen, in denen Abtreibungen vorgenommen werden. Viele derart unfreiwillig konfrontierte, sich in einer akuten Notlage befindenden Frauen empfinden dies indes als erheblichen Eingriff in ihre Privatsphäre.

Selbst ernannte „Lebensschützer“

Für eine solche Gehsteigberatung zeichnet auch der Münchner Verein „Lebenszentrum“ verantwortlich. Die Vereins-Website „kostbare-kinder.de“ spricht von 1000 Schwangerschaftsabbrüchen pro Werktag.

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In der Dezember-Ausgabe ergründet Thomas Assheuer, was die völkische Rechte mit der Silicon-Valley-Elite verbindet, und erkennt in Ernst Jünger, einem Vordenker des historischen Faschismus, auch einen Stichwortgeber der Cyberlibertären. Ob in den USA, Russland, China oder Europa: Überall bilden Antifeminismus, Queerphobie und die selektive Geburtenförderung wichtige Bausteine faschistischer Biopolitik, argumentiert Christa Wichterich. Friederike Otto wiederum erläutert, warum wir trotz der schwachen Ergebnisse der UN-Klimakonferenz nicht in Ohnmacht verfallen dürfen und die Narrative des fossilistischen Kolonialismus herausfordern müssen. Hannes Einsporn warnt angesichts weltweit hoher Flüchtlingszahlen und immer restriktiverer Migrationspolitiken vor einem Kollaps des globalen Flüchtlingsschutzes. Und die Sozialwissenschaftler Tim Engartner und Daniel von Orloff zeigen mit Blick auf Großbritannien und die Schweiz, wie wir dem Bahndesaster entkommen könnten – nämlich mit einer gemeinwohlorientierten Bürgerbahn. 

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