Ausgabe Mai 2011

EU: Bei Abflug Rasterfahndung

Im Europäischen Parlament gärt es. Anlass geben die Pläne der EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, künftig sämtliche Daten von Fluggästen auszuwerten, die in die EU einreisen bzw. diese auf dem Luftwege verlassen. Zu den sogenannten Passenger Name Records (PNR) gehören der Name des Passagiers, seine Reisezeiten und -routen, Kontaktangaben, das beauftragte Reisebüro, die Zahlungsart, ja sogar die Sitznummer im Flieger sowie genaue Angaben über das aufgegebene Gepäck.

Erklärtes Ziel des im Februar vorgelegten Richtlinienvorschlags ist es, Terroristen und Drogenschmuggler aufzuspüren. Ein Großteil der Abgeordneten des Europäischen Parlaments (EP) sieht die Fluggastdatenüberwachung jedoch im deutlichen Widerspruch zur verfassungsrechtlichen Datenschutzrechtsprechung der Europäischen Union und damit als Bedrohung zentraler rechtsstaatlicher Prinzipien.

Die PNR-Debatte hat sich inzwischen zu einer knallharten politischen Auseinandersetzung zwischen Kommission und Ministerratsmehrheit einerseits und dem EP andererseits ausgewachsen. Dabei wollen einzelne Staaten wie Großbritannien und Spanien sogar noch einen Schritt weitergehen, als es die EU-Kommission vorsieht. Sie fordern, PNR-Daten fortan auch bei innereuropäischen Flügen zu sammeln. Mitte April hat sich eine Mehrheit auf dem EU-Innenministertreffen in Luxemburg für diesen Vorstoß ausgesprochen.

Sie haben etwa 14% des Textes gelesen. Um die verbleibenden 86% zu lesen, haben Sie die folgenden Möglichkeiten:

Artikel kaufen (1.00€)
Digitalausgabe kaufen (9.50€)
Anmelden

Aktuelle Ausgabe September 2025

In der September-Ausgabe plädiert Lea Ypi für eine Migrationsdebatte im Sinne der Aufklärungsphilosophie. Cinzia Sciuto fordert, der zunehmenden Aushöhlung des Völkerrechts mit einer entschiedenen Verteidigung desselben zu begegnen – und nicht mit Resignation und falschem Realismus. Für Georg Diez markieren die Kriegsverbrechen in Gaza und die fehlenden Reaktionen darauf einen Epochenbruch; sie stünden für nicht weniger als den Verrat des Westens an der Humanität. Herfried Münkler analysiert, wie Kriege historisch endeten und Friedenszeiten begannen und was das mit Blick auf den Ukrainekrieg bedeutet. Simone Schlindwein deckt auf, wie Russland junge Afrikanerinnen mit falschen Versprechen für die Kriegswirtschaft rekrutiert. Warum die grüne Digitalisierung ein Mythos ist und was der KI-Boom den Globalen Süden kostet, erläutern Ingo Dachwitz und Sven Hilbig. Und Eva-Maria Klinkisch sowie Markus Rieger-Ladich zeigen auf, wie Long Covid-Betroffene von der Gesellschaft und dem Gesundheitssystem systematisch ignoriert werden – und was dagegen zu tun ist. 

Zur Ausgabe Probeabo

Weitere Artikel zum Thema

Gegen den Digitalzwang: Das Recht auf analoges Leben

von Leena Simon, Rena Tangens

In vielen Saunen gilt das Prinzip digital detox – digitale Entgiftung. Elektronische Geräte wie Smartphones, Tablets oder Computer sind dort nicht erlaubt, die Menschen sollen sich von deren übermäßiger Nutzung erholen. Was in den meisten Saunen normal ist, wird in der Außenwelt jedoch immer schwieriger.

Der maskierte Raub

von Naomi Klein

In der vielschichtigen Debatte über die schnelle Verbreitung von Künstlicher Intelligenz (KI) gibt es eine vergleichsweise obskure Auseinandersetzung um die „KI-Halluzinationen“. Auf diesen Begriff haben sich die Architekten und Förderer der generativen KI geeinigt, um Antworten von Chatbots zu bezeichnen, die völlig erfunden oder einfach falsch sind.